Schwarze Scharen
Ein bislang wenig untersuchtes Feld in der sowieso schon marginalisierten Forschung zum deutschen Anarchismus / Anarchosyndikalismus ist die Orgnaisation Schwarzen Schar, eine der FAUD nahestehende, anarcho-syndikalistische Arbeiterwehr. Dieses Feld zu beackern hat sich der Historiker Helge Döhring in seinem Buch „Schwarze Scharen“ vorgenommen – und liefert leider eine wenig fruchtbare Arbeit ab. Wie bereits vorangegangenen Arbeitern wird ihm von einigen Fachkollegen unsauberes Arbeiten mit Quellen und auch das Verschweigen selbiger vorgeworfen. Darüber hinaus bietet seine Arbeit leider auch kaum neue Erkenntnisse aus diesem Forschungsfeld.
Ausgehend von einer sehr allgemein gehaltenen Darstellung dessen, was Anarchosyndikalismus ist, widmet er sich der Faschismustheorie, die in jenem Zweig der Arbeiterbewegung vorherrschte. Diese reduziert er jedoch weitgehend lediglich auf die Aussagen Rudolf Rockers, in dessen Werken er einen Kulminationspunkt internationaler, anarchosyndikalistischer Theorie verortet. Statt aber auch diese näher zu analysieren, belässt Helge Döhring bei einer reinen Wiedergabe der den Faschismus betreffenden Hauptthesen Rockers. In einem weiteren Kapitel beschäftigt er sich mit den Besonderheiten der Schwarzen Schar, wobei er sich knapp über die Abgrenzung zu anderen Kampfverbänden der Areiterbewegung (Stahlhelm, Rotfrontkämpferbund), deren Kleidung und der Militanzdebatte innerhalb der anarchosyndikalistischen Bewegung äußert. Dabei spricht er z.T. sehr wichtige Themen an, unterlässt aber auch hier mehr in die Tiefe zu gehen. Andere Bereiche verflachen auch schon aufgrund der von ihm gewählten, nicht immer sehr präzise verwendeten Sprache und seiner Vereinfachungen. So nennt er etwas plump als einen Faktor für den Niedergang des Anarchosyndikalismus die „Duldung von Querulanten in den eigenen Reihen“.
Im Hauptteil seiner Analyse widmet er sich den unterschiedlichen Ortsverbänden der Schwarzen Schar. Er greift dabei weitgehend auf bereits publiziertes Material zurück (Nelles, Rübner, Mümken) und ergänzt mit einzelnen, eigenen Funden. Bezüglich seiner Funde würde man sich wünschen, dass er diese auch etwas für den Leser bearbeitet, indem er diese gewichtet und historisch einordnet – statt dessen präsentiert er diese wie Rohdiamanten. Hier müsste noch mal kräftig nachgearbeitet werden – und die gefunden Quellen näher untersucht und analysiert werden.
Im letzten Teil seiner Arbeit wagt er einen Blick über 1933 hinaus und präsentiert vereinzelte Lebensläufe von Mitgliedern der Schwarzen Schar und präsentiert sehr unvermittelt ein wörtlich wiedergegebenes Interview. Für die ergänzenden Interviews, die er in den Text einarbeitet, als auch für das mit Friedetzky geführte Interview gilt dasselbe wie für den Rest der Quellen; es mangelt an einer wissenschaftlich fundierten Analyse und Bearbeitung dessen.
Es ist schade, dass er ein so spannendes und relevantes Forschungsfeld so bearbeitet wird. Viele relevante Fragen, die er im Vorwort aufwirft, harren wirklich einer Untersuchung – nur in der von ihm vorgelegten bleiben sie nur halbherzig bzw. überhaupt unbeantwortet. Bei aller solidarischen Haltung mit der Bewegung sollte man doch die Grundlagen der wissenschaftlichen Arbeit einhalten.
Helge Döhring: Schwarze Scharen – anarcho-syndikalistische Arbeiterwehr (1929-1933), Verlag AV Lich 2011, ISBN: 978-3-86841-054-9, 183 S., Preis: 14,90 Euro