In meine Zeit in Paris fiel 2010 der Kauf des Originalmanuskriptes von Casanovas « Erinnerungen » durch den französischen Staat und die daran, mit viel Presserummel verbundene Ausstellung dessen. Mit viel pompös würdigte man jenen italienischen Libertin – wie man es ansonsten nur mit Franzosen tut. Casanova ist in Frankreich ohnehin sehr präsent – im Gegensatz zu Deutschland, wo lange Zeit das Manuskript in den Archiven des altehrwürdigen Brockhaus-Verlages lagerte. Dabei verbindet den Italiener einiges mit Deutschland, wie auch die neue Publikation von Ansgar Bach – « Giacomo Casanova in Dresden » – belegt. In Dresden wohnten sein Bruder, der auch hier begraben wurde, und seine Mutter, die unter dem Bühnennamen Zanetta bekannte Schauspielerin. Der italienische Libertin Casanova besuchte dreimal für längere Zeit die Stadt – einmal im Jahre 1752, ein zweites Mal 1766 und zuletzt 1788 – sowie für etliche Kurztrips zwischen 178 » und 1797. In Dresden kam es aber auch zur Aufführung der französischen Oper « Zoroastro », die er hierfür ins Italienische übersetzt hatte. Ebenfalls wenig beachtet ist die Tatsache, dass sich Casanova in seiner Dresdner Zeit dem Delischen Problem, einem mathematischen Problem, widmete, was auch den Wissenschaftler Casanova zeigt. Diese Facetten seines Lebens finden alle – wie auch die auch partiell die Rezeption seiner Memoiren in Dresden – Eingang in das kleine, aber feine Büchlein von Ansgar Bach.
Basierend auf den Lebenserinnerungen von Casanova präsentiert er neben Casanova selbst auch das familiäre Umfeld Casanovas näher. Er zeichnet damit eine Art Kulturgemälde jener Zeit, das es erlaubt, Casanova jenseits seiner Stilisierung zum lüsternen Libertin, zu dem ihn die Rezeptionsgeschichte gemacht hat. Dennoch ist sein Stil alles andere als trocken, sondern sehr lebendig, so dass die Lektüre des Buches nicht nur neue Horizonte auf das Leben Casanova eröffnet, sondern auch eine vergnügliche Lektüre. Das Buch ist dezent mit Illustrationen der Designerin Alexandra Bonin und vereinzelten Fotos und Reproduktionen gestaltet. Es ist für jeden Dresden-Besucher eine empfehlenswerte und kurzweilige Lektüre.
Neben dieser Publikation liegt auch noch ein entsprechender Titel von Ansgar Bach über « Casanova in Leipzig » (Kopf und Welt, 2015) vor.
Maurice Schuhmann