Rainer Braun (Kooperation für den Frieden) hat heute der junge Welt ein Interview von ausgesuchter Laxheit gegeben.
Auf die Frage, ob „Redner wie Jebsen geeignet (sind), der in seiner Israelkritik ‚Parallelen zum Hitlerstaat und zum ‚Islamischen Staat‘ zieht und in seinem Blog von den ‚Irren mit dem Davidstern‘ schreibt“ (gemeint sind Veranstaltungen der Friedensbewegung), antwortet Braun unter anderen, man solle Jebsen so wenig verdammen, wie Monty Schädel. Er, Braun, plädiere dafür „dass die Herren“ mal miteinander reden sollten. Zuvor hatte Jebsen die linke Presse, unter anderem die TAZ, Jutta Ditfurth und Monty Schädel* als Feinde der „Friedensbewegung“ ausgemacht, gemeint waren die Montagsdemos. Sein Auftritt auf der Jubiläumsveranstaltung der Berliner Mahnwachen ist dokumentiert. Die jW hat dankenswerter Weise heute ebenfalls die wesentlichen Passagen abgedruckt.
Darauf angesprochen antwortet Braun lapidar „Das Wort ‚Feind der Friedensbewegung‘ würde ich nicht benutzen“, als wäre der Angriff Jebsens eine Bagatelle, die man mit einer hübscheren Wortwahl ausbügeln könnte.
Braun gehört zu jenen, die trotz aller Warnungen den Schulterschluss der Mahnwachen mit der traditionellen Friedensbewegung betreiben. Er erhofft sich eine Verstärkung im Kampf um den Friedenshalt. Und natürlich ist der Kampf gegen die Krieg von hohen Nöten. Es besteht reale Kriegsgefahr.
Kräfte, die zum Teil durch den russischen Nationalisten Dugin, der die Errichtung eines russischen Großreiches unter Einbeziehung Österreichs, der baltischen Staaten und Polens propagiert, beeinflusst werden, sind jedoch mit Sicherheit nicht die richtigen Potenziale, um eine Bewegung gegen diese Bedrohung aufzubauen.
Nein, jene Kräfte, die sich einseitig auf die russische Seite stellen sind nicht probate Bündnispartner. Auch darf man nicht vergessen, das über Dugin in ganz offener Weise Verbindungen zu europäischen Rechtsradikalen hergestellt werden. Diese, auf ganz unterschiedliche Art stattfindenden Verbandelungen, sind sowohl bei „Endgame“ (Engagierte Demonkraten gegen die Amerikanisierung Europas), einer rechten Volksauflaufsorganisation zu spüren, wie auch bei Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands) (dito) und anderen. Diese völkischen Marschierer finden sich zum Teil dann auch in den Mahnwachen wieder, respektive waren vorher schon dort und sind jetzt auch bei Endgame oder Pegida.
Was augenblicklicher Stand bei den Mahnwachen also ist, steht auf den Fundamenten der Querfront aus dem vergangenen Jahr. Nichts hat sich gemindert, verstärkt wurde jedoch was da war.
Der Friedenswinter, der zum Friedenssommer werden soll, greift einerseits auf diese Kräfte zurück und rekrutiert sich andererseits aus der traditionellen Friedensbewegung. Damit aber wird eine positiv auf einen der derzeitigen Aggressoren, auf Russland nämlich, fixierte und in ihrem Aktionsmittelpunkt völkische Bewegung geschaffen. Es wird reflexhaft gehandelt, überlegungslos und nicht in die Zukunft gerichtet. Die von großen Teilen beschworene Aufhebung von Rechts und Links ist, bei Lichte besehen, die Aufhebung von Links ebenso, wie die Aufhebung der demokratischen Mitte.
Dem muss man aus der Linken, wie aus den Reihen der demokratischen Mitte entgegentreten, die Angelegenheit darf nicht befördert werden. Die Abgrenzung nach rechts, die auch eine Abgrenzung von Dugin sein muss, aber scheint nicht erwünscht zu sein in den Reihen derer, die den Friedenssommer planen. Anders ist nicht zu verstehen, das Braun auf die Einlassung der jW Monty Schädel würde erwarten, dass man sich nun entschiede, erwidert: „Ken Jebsen hat sich etwas demagogisch über Monty Schädel geäußert.“ Und relativiert in der Folge den klaren Angriff Jebsens gegen den politischen Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner.
Damit ist klar: Die Mahnwachenbewegung, zumindest aber ihre bekannteste Stimme darf Ditfurth, Schädel und die linke Presse (zu der selbstverständlich nicht nur die TAZ, sondern auch die jW, das ND, im Randbereich die SZ und andere gehören) zu Friedensfeinden erklären, ohne dass gewichtige Teile der traditionellen Friedensbewegung aufbegehren. Man nimmt hin, man wiegelt ab, man findet es bedauerlich, man sagt: Na ja.
Der notwendige Schnitt durch das Tischtuch muss deshalb nicht nur dort erfolgen, wo sich die Mahnwachen befinden, er muss auch dort geführt werden, wo die sitzen, welche trotz allem die gemeinsame Front mit jenen wollen, die sich von „links“ schon lange abgewandt haben.
*Monty Schädel ist Politischer Geschäftsführer der DFG-VK. http://www.dfg-vk.de/willkommen/