Vor allem
in der in Deutschland kaum rezepierten Auseinandersetzung mit
Aschinoff und dessen Konzept des Plattformismus oder in der Frage der
gewerkschaftlichen Organisation, die sich in der Gründungsphase der
anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft USI in Italien ergaben, weisen
richtungsweisendes Gedankengut auf, das in der internationalen
Bewegung fruchtete und Anregung für weiterführende Diskurse bot.

In Deutschland wurde er bislang nur
wenig von der modernen, anarchistischen Szene wahrgenommen. Außer
einigen Broschüren, einer zweibändigen Ausgabe von seinen Texten,
die mittlerweile vergriffen ist, und vereinzelten Erwähnungen in
Sammelbänden führt er ein Schattendasein. Um so erfreulicher ist
es, daß bei Edition Nautilus nun die „Ungeschriebene
Autobiographie" Malatestas publiziert wurde. Wie der Titel bereits
andeutet, handelt es sich nicht um eine Autobiographie im klassischen
Sinne. Die beiden Herausgeber Piero Brunello und Pietro Di Paolo
haben aus den vorhanden Dokumenten – Zeitungsartikeln und
Briefpassagen – das abenteuerliche Leben Malatestas zusammengefügt
und editiert. Ergänzt wird dies durch eine Einleitung von Piero
Brunello und einem Beitrag von Pietro Di Paolo über die sehr
prägende Londoner Zeit von Malatesta, die sich mit Unterbrechungen,
knapp 20 Jahre hinzog. Bei dem Bericht über die Londoner Zeit
vermißt man manchmal den Blick über den Tellerrand – so war
London auch von anderen bekannten Revolutionären der Zufluchtsort.
Über diese Rahmenbedingungen, die sich für sein Wirken ergeben
haben, verliert Paolo leider kein Wort.

Dennoch ist es ein sehr
empfehlenswerter Beitrag zur Erforschung der anarchistischen
Geschichte. Den beiden Herausgebern ist zu verdanken, daß wieder ein
paar Mosaiksteinchen innerhalb des anarchistischen
Geschichtsschreibung zusammengefügt werden konnten. Viele der hier
versammelten Beiträge lagen bis dato nicht in deutscher Übersetzung
vor. Bleibt zu hoffen, daß sich eine „Renaissance" der
Malatesta-Rezeption vollzieht und seine, z.T. immer noch sehr
aktuellen Gedankengänge wieder Eingang in die Diskurse erhalten.

Errico Malatesta:
Ungeschriebene Autobiografie / Erinnerungen (1853 1932), Edition
Nautilus Hamburg 2009, 224 S., Preis: 16,90 €, ISBN: 3894015942.