In den letzten Wochen ist viel um die Aktivitäten von Greta Thunberg diskutiert worden. Und abgesehen von der Tatsache, dass sich virtuelle und ganz reale Trolle im Netz und auf Regierungsbänken als die Dummköpfe geoutet haben, die sie sind, ist mir Gretas Festhalten an der Schwarzweißfrage der Klimaschutzaktivitäten immer eingängiger geworden. Diese Deutlichkeit, in der Greta keine Grauschattierung in dieser Frage zulässt, hat mich veranlasst über die Akzeptanz und Toleranz bestimmten Positionen gegenüber neu nachzudenken. Und dieses Nachdenken war eigentlich eine Rückkehr auf die gepflasterte Straße der politischen Auseinandersetzung – eine Rückkehr vom glitschigen Pfad der politischen Megatoleranz.

Eine Meinung zu haben ist nichts wert, wenn jene, die sie proklamieren ihre nichts anderes einräumen, als Meinung unter Meinungen zu sein. Und wenn zugleich ein offenes Meinungsstreitangebot den widerlichsten und abgründigsten Meinungen gegenüber besteht. Ob milde Formen der White-Supremacy, ob Nationalismus und Relativierung der Schuld der deutschen Staaten an zwei Weltkriegen, ob Antiziganismus und Antisemitismus, immer und immer wieder haben große Teile der demokratischen Öffentlichkeit „Reden mit Rechten“ proklamiert, haben öffentlich rechtliche Fernsehsender Diskutanten rechtsextremer Parteien und Organisationen eingeladen, haben – jüngst erst – Zeitungen von gemäßigt links bis demokratisch rechts die Verlautbarungen des eigentümlichen Paares Sommerfeld-Lethen über den Ausschluss von Frau Sommerfeld-Lethen aus einer Waldorfschule übernommen. Das hat man als gelebte Liberalität verstanden. Mit der Schule selbst allerdings hat niemand gesprochen.
Es wurden die Ängste der sogenannten „besorgten Bürger“ als Basis für einen Diskurs akzeptiert. Die Sorgen der von Brandanschlägen, rechten Bandenüberfällen, allgemeiner gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffenen Flüchtlinge hat man in gleicherweise kaum Raum eingeräumt.
Freunde wundern sich, warum ich nicht mehr in Geschäften einkaufe, deren Inhaber*innen sich offen zur Wahl der AfD bekannt haben. Ich wundere mich, dass man sich wundert. Denn eigentlich erwarte ich, dass man sich just so verhält, wie ich mich verhalte. Man kann doch schlechterdings nicht sein Geld in die Kassen derer einzahlen, die zugleich die eigenen Freunde und Bekannten außer Landes schaffen wollen.
Wir brauchen Schwarz-Weiß. Wir brauchen viel weniger Grau. Wir brauchen die Akzentuierung und den klaren Kontrast. Wir müssen uns doch endlich deutlich positionieren. Auf den Buchmessen (Verlage gegen Rechts), in den Aufsichtsräten der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, in den Gewerkschaften und Parteien, in den Kirchen und den Gemeinderäten, in den Genossenschaftsversammlungen, in Gesangsvereinen und Fußballclubs.
Wir müssen aufhören mit dieser dummerhaftigen Verständnishudelei. Die Wähler der Rechtsextremisten sind nicht so dumm, wie die Graumiesen der öffentlichen Nichtauseinandersetzung sie gerne haben möchten. Die wissen, weshalb sie die AfD und die NPD wählen, weshalb sie bei Pegida mitmarschieren und bei Burschenschaften und Identitären an die Tür klopfen.
Und wenn wir endlich wieder mehr Schwarz-Weiß haben, dann haben wir hoffentlich auch jene Trennschärfe zurückgewonnen, die man braucht, um vernünftige Entscheidungen treffen zu können. Und Trennschärfe kommt vom Trennen.