Der European Writers Council (EWC) und das European Council of Literary Translators‘ Associations (CEATL) fordern die Kulturministerinnen und -minister der EU-Mitgliedstaaten auf, dringend notwendige Schritte zu unternehmen, um die Gewalt und Repression gegen Schriftstellerinnen, Schriftsteller, Übersetzerinnen und Übersetzer sowie die unabhängige Kulturszene in Belarus zu beenden.
Anlässlich des von der Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya für den 7. Februar 2021 ausgerufenen Internationalen Solidaritätstages mit Belarus fordern 46 Autoren- und 35 Übersetzerverbände aus 34 Ländern mit insgesamt 170.000 Mitgliedern die europäischen Kulturminister und Kulturministerinnen zu entschlossenem Handeln auf.
Der belarusische Diktator Aljaksand Lukašenka hat Schriftstellerinnen, Schriftstellern, Übersetzerinnen, Übersetzern, Bloggerinen, Bloggern und dem gesamten unabhängigen Kultursektor den Krieg erklärt.
593 Autorinnen, Autoren, Übersetzerinnen, Übersetzer, Verlegerinnen, Verleger, Buchhändlerinnen und -händler, aber auch Musikerinnen, Musiker, Schauspielerinnen, Schauspieler und andere Kulturtätige sind seit den manipulierten Wahlen im August 2020 Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Angriffen auf kulturelle Rechte geworden, wie der eindringliche Report des belarusischen PEN-Zentrums offenbart.
Zensur, Folter, Verletzung der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, des Rechts auf ein faires Verfahren: Jedes Menschen-, Rechts- und Kulturrecht ist in Belarus systematisch außer Kraft gesetzt.
Der Terror gegen das freie Wort, gegen Literatur und Kultur folgt einer unmenschlichen Struktur.
Der PEN-Bericht und eine zusätzliche, dem EWC vorliegende Namensliste mit Details zu den willkürlichen Verhaftungen und Verletzungen von Bürger- und Menschenrechten geben einen verstörenden Überblick über die Einzelschicksale, die betroffenen Kulturorganisationen und die bestürzende Gewalt vor allem gegen den unabhängigen Buchsektor. Das Ausmaß der Repressionen gegen diese Stimmen für Demokratie und Meinungsfreiheit ist beispiellos in der Geschichte von Belarus.
Schriftstellerinnen/Schriftsteller und Übersetzerinnen/Übersetzer gehören zusammen mit den Darstellenden Künstlerinnen/Künstlern und Musikerinnen/Musiker zu den drei Zielgruppen der Übergriffe.
„Sie werden von den Milizen des Lukašenka-Regimes abgefangen, eingeschüchtert und inhaftiert – weil sie in der ersten Reihe stehen, wenn es darum geht, die Meinungsfreiheit und die Bürgerrechte zu verteidigen, indem sie Gedichte lesen, singen und bei friedlichen Protesten auftreten“, erklärt Nina George, die Präsidentin des EWC. „Nicht staatlich kontrollierte Verleger werden fälschlicherweise der Steuerhinterziehung beschuldigt, wie Hienadź Viniarski (Knihazbor Verlag) und Andrej Januškievič (Januskievic Verlag); unabhängige Buchhändler wie Alies Jaudacha verhaftet. Viniarskis und Januškievičs Betriebsmittel und Büroausstattung sowie ihre Neuerscheinungen wurden beschlagnahmt, darunter Viktor Martinowichs Roman „Revolution“. Wir sind zutiefst besorgt auch um die Autorinnen und Autoren unseres EWC-Mitglieds, des Verbands der belarusischen Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Zuletzt wurde die Übersetzerin Volha Kalackaja, die Übersetzerin von Margaret Atwood, Virginia Woolf und Tennessee Williams, am 15. Januar verhaftet„, sagt Morten Visby, Präsident von CEATL. „Die staatlichen Behörden beschuldigen Kalackaja, Aktionen gegen die öffentliche Ordnung zu organisieren, aber sie wird eindeutig ins Visier genommen, weil sie als Übersetzerin Teil eines unabhängigen Kultursektors in Belarus ist, der durch die Übersetzung großer Literatur dazu beiträgt, den kulturellen Horizont offen zu halten – und den das Regime unterdrücken will. Zusammen mit dem EWC fordert CEATL ihre sofortige Freilassung.“
Mindestens 131 Schriftstellerinnen/Schriftsteller und literarische Übersetzerinnen/Übersetzer wurden bisher verhaftet, erleben Repressalien und Einschüchterungen. Außerdem gibt es Informationen über Entlassungen und akademisches Mobbing an den humanitären Universitäten, wie die Delegierten des PEN Belarus CEATL berichteten. Mehrere Dozentinnen und Dozenten für Übersetzung wurden im Januar entlassen. Manche nur deshalb, weil sie ein Poem, das die Gewalt gegen friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten umschrieb, bei Facebook posteten.
Der European Writers‘ Council (EWC) und der European Council of Literary Translators‘ Associations (CEATL) fordern dringend notwendige diplomatische Schritte, um die Gewalt und Repression gegen Schriftstellerinnen, Schriftsteller, Übersetzerinnen, Übersetzer und die unabhängige Kulturszene in Belarus zu beenden. Die Europäische Union kann diesen Strategien, das freie Wort zum Schweigen zu bringen, nicht länger tatenlos zusehen: Hier ist die Solidarität aller Kulturministerinnen und -minister gefragt.
Wir fordern von den Kulturministerinnen und -ministern der EU-Mitgliedsstaaten, energisch zu intervenieren und in einer gemeinsamen Erklärung gegen die anhaltende Gewalt und Repression in Belarus zu protestieren.
Wir appellieren an die Kulturminister aller EU-Mitgliedstaaten, das illegitime Regime Lukaschenkas zur sofortigen Freilassung der politischen Gefangenen zu drängen.
Foto: Informationswiedergutmachung, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons