Die Handlung spielt keine Rolle
Das berühmte Schwesternpaar Justine und Juliette, anhand derer Dichotomie der französische Schriftsteller und Philosophie Marquis de Sade in eingängiger Form seine Philosophie der absoluten Freiheit des Individuums beruhend auf einer materialistischen Weltanschauung darlegte, diente bereits des öfteren als Folie für die unterschiedlichsten Formen der Erotika. Vor allem die tugendsame Justine erlebte in den 60er und 70er Jahre in Form von billigen Sexfilmchen – u.a. von Altmeister Jess Franco – und später in dem gleichnamigen Comic von dem italienischen Zeichner Crepax eine Renaissance. So wie damals recht frei mit der Vorlage umgegangen wurde, ist auch die vom The Next Art vertriebene Comicreihe „Justine & Juliette“ weit von der Vorlage netfernt, auch wenn über einzelne Anspielungen mehr als in anderen Erotika eine Rückbeziehung zur Vorlage gesucht wird.
Dabei ist die Grundidee de Sades als Schöpfer – in Form eines Konstrukteurs – des Geschwisterpaars ein spannender Ansatz – genauso wie die zeitliche Transformation. Unter diesen Umständen würde das Konzept einigen spannenden Stoff bieten. Allerdings ist der Fokus des von Marian Kretschmer illustrierten Comics auf die rein pornographisch-sexuelle Ebene gerichtet. In sehr weich gezeichneten Strukturen vögeln sich die beiden Schwestern durchs Geschehen – ohne das die Handlung irgendeine Rolle spielt. Hier dient der Name de Sades wieder einmal nur als verkaufsfördernde Verpackung für ein – für das Metier gut gezeichneten – Eroticcomic. Ärgerlich für de Sade-Fans wie mich, aber für einen klassischen Erotikcomic in guter Qualität.
Die Comics sind über den Verlag gegen Vorlage eines Altersnachweises zu beziehen. Die Erstauflage ist auf 500 Stück reduziert.
SBK 83: Justine & Juliette, The Next Art Verlag Chemnitz 2007ff., Preis: 5 Euro (je Comic), mehrfarbig.
Band 1: ISBN 978-3-939400073
Band 2: ISBN 978-3-939400127