So, wie es ist, wird es nicht bleiben. Die menschliche Gesellschaft befindet sich im Umbruch, seit sie vor 60.000 Jahren Afrika verlassen hat. Sie hat sich entwickelt, sie hat gesellschaftlichen und technologischen Fortschritt geschaffen. Über die Sklavenhaltergesellschaften der Antike, über den Feudalismus, hat sie es in vielen Regionen zu einer bürgerlichen Demokratie geschafft, welche einen großen Teil jener Rechte garantiert, die als individuelle Rechte dem Menschen eigen sind. Aber trotz aller Fortschritte, bedroht die Menschheit sich selbst, bedroht sich mit Kriegen ebenso, wie mit der Verteilung von Armut und Reichtum.
Nach Berichten einer UNO-Agentur, ich habe den Link leider nicht parat, sterben jährlich 50.000.000 Menschen an den Folgen von Unterernährung, verschmutztem Wasser, mangelnder ärztlicher Versorgung, an Arbeitsunfällen in Folge mangelnder Sicherheit und durch übermäßige Arbeit. Selbstverständlich sind diese Tote das Ergebnis einer mangelhaften Verteilung von Ressourcen, mangelnder Fürsorge und dem Profitstreben.
Diese Opfer, die Zahl freilich kannte ich da noch gar nicht, sind der Grund dafür, dass ich Kommunist bin. Es gibt für mich nur diesen Grund: Die Situation ändern zu wollen. Und ich weiß, das geht nur über eine Neuverteilung und die gelingt nur dann dauerhaft und global, wenn man die Eigentumsfrage stellt. Diese Frage ist so lange einfach, als es bei Ihr darum geht, wem das Eigentum an Produktionsmitteln nicht gehören soll – wobei es sich dabei nicht um den Backofen des Bäckers, nicht um die Wurstmaschine der Fleischerin und nicht um die Schere des Friseurs handelt. Nicht in Privateigentum sollen die Produktionsstraßen der Großindustrie sein und auch nicht die Banken und Versicherungskonzern.
Schwierig wird die Antwort auf die Frage, wenn es darum geht, wem es denn dann gehören und wie dieses Eigentum aussehen soll. Ganz offenbar kann man als Marxist kaum fordern, dass es „der Staat“ ist, der Eigentümer zu sein hätte. Denn diese Antwort befriedigt nicht nur nicht die Frage nach dem „wie“, sondern hat in der Vergangenheit auch gezeigt, dass ein als anonym empfundener Eigentümer nicht zu einer Identifikation der Produzenten mit den Produktionsmitteln führt. Viel zu weit weg scheint dieser Staat zu sein. Das allerdings mag auch mit der Geschichte der sozialistischen Staaten zu tun haben. Während und nach der unsäglichen stalinschen Ära, dieser für mich einer Konterrevolution ähnlichen Periode, in der auch zehntausende Kommunisten ermordet und inhaftiert wurden, war der sozialistische Staat nicht mehr das Eigentum der Arbeiterklasse und wurde in weiten Teilen auch nicht mehr so empfunden. Aber natürlich kann man da nicht alle sozialistische Staaten über einen Kamm scheren. Die DDR war nicht Rumänien, Ungarn nicht Jugoslawien gleich. Die UdSSR unterschied sich von China. Differenzierungen sind durchaus angebracht und dienen der geschichtlichen Wahrheit.
Ich bin also ratlos. Aber das ist nicht schlimm. Erstens scheint mir der Systemwechsel, jedenfalls nicht dieser, nicht bevorzustehen und zweitens kommt er ja nicht vom Himmel gefallen. Kommen aber wird er.
Dann jedoch, hoffentlich, denn ich bin ein demokratischer, wertkonservativer Kommunist, mit einer Gesellschaft, die das leistet, was ich mir von ihr zu hoffen wage: Eine Demokratie zu schaffen, die über die Bürgerliche Demokratie weit hinausgeht, eine soziale Sicherheit, die nur sie, die sozialistische Gesellschaft leisten kann und eine Bewahrung von Kunst und Kultur, die nicht den Profitinteressen einer Kulturindustrie unterworfen ist.
Nun mag man sagen, das sei ja schön und gut, aber erstens lehre uns die Vergangenheit etwas ganz anderes und zweitens sei der Himmel auf Erden nur eine Träumerei.
Das ist richtig und falsch. Richtig ist: Es hat viele Fehler gegeben, auch blutige, unentschuldbare Fehler. Da geht es der sozialistische Revolution in Russland nicht anders, als der bürgerlichen Revolution in Frankreich oder dem bürgerlichen Staatswesen überhaupt, dem allerdings, anders als einem sozialistischen, nicht die Demokratie inne zu wohnen hat. Dem bürgerlichen Staatswesen reicht es im Zweifel, dass die bürgerlichen Eigentumsrechte gelten. Dem sozialistischen kann das nicht reichen. Denn wenn die Produktionsmittel denen gehören sollen, die auch produzieren, dann bedingt das auch ihre Herrschaft. Ein undemokratischer sozialistischer Staat ist keiner, weil in ihm nicht die die Macht ausüben, die ihn über ihre Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel erst zu einem sozialistischen machen.
Mein Bild von Kommunismus beinhaltet auch den bürgerlichen Humanismus, beinhaltet neben der wissenschaftlichen Lehre von Marx und Engels, neben den Interpretationen und Weiterentwicklungen durch Lenin, auch Giordano Bruno, Aristoteles und Kant, Balzac und Voltaire. Daraus ergibt sich für mich ein Verbot das Attribut „sozialistisch“ der Kunst voran zu stellen. Es kann keine sozialistische Kunst geben. Das unterscheidet eine sozialistische Gesellschaft von der bürgerlichen auch: Dass es eine bürgerlicher Kunst geben kann, also eine, deren Aufgabe es ist, Profit zu erzielen – und dabei meine ich nicht die Tantiemen für die Künstler. Was aber sollte eine sozialistische Kunst anderes sein, als Kunst an sich? Wer meint, Kunst zu Propaganda in Auftrag geben zu können, muss wissen, dass er der Kunst dann nimmt, was sie ausmacht. Es bleibt von ihr nichts über. Eine Kunst, die vom Künstler gewollt allerdings auch Propaganda sein soll, bleibt Kunst. Die Siebte Symphonie von Schostakowitsch ist ein gutes, positives Beispiel dafür, die Gemälde von Sitte und anderen ein weiteres und als literarisches Beispiel sei Majakowski, der große russische Dichter, genannt.