DIE_LINKE_Bundesparteitag_Mai_2014_Dehm,_Diether, Foto: Blömke/Kosinsky/TschöpeDiether Dehm beschwert sich über die Kritik des Berliner Landesvorstandes der LINKEN. Dehm hat damit recht. Dehm liegt trotzdem falsch.

Recht hat er mit dem Generellen. Er, Mitglied im Parteivorstand von DIE LINKE, ist, tritt er als Künstler auf, keinesfalls an die Beschlüsse der Partei gebunden. Kunst muss frei sein, ihre Ausübung auch. Klaus Lederer, der Landesvorsitzende der LINKEN in Berlin irrt, wenn er, was intendiert zu sein scheint, den Auftritt des Künstlers Diether Dehm mit dem eines politischen Redners gleichsetzt.

Dehm allerdings irrt gleichfalls. Es ist nicht so, dass das Singen antifaschistischer Lieder (Dehm u.a. sang Brechts „Ballade von der Judenhure Marie Sanders“) ausreichen würde, um das Umfeld neu zu tapezieren. So ist es eben nicht. Es ist vielmehr so, dass man Gefahr läuft, zugeordnet zu werden. Und es ist bezeichnend, dass Mährholz, der große Zampano der Mahnwachenbewegung, ein Buch des extremistischen Neoliberalen Ron Paul lobt, bevor er dann Diether Dehm ankündigt. So geht Vereinnahmung. Und natürlich soll vereinnahmt sein.

Schon dem guten, linken Liedermacher Prinz Chaos II hatte man versprochen, dass der sattsam bekannte Jürgen Elsässer, den Jutta Ditfurth in 3sat einen ‚glühenden Antisemiten‘ genannt haben soll, nicht mehr auf den Mahnwachen auftritt. Aber natürlich ist Elsässer noch dabei. Nicht mehr in Berlin freilich, sondern nunmehr in Erfurt und Karlsruhe.

Es gibt schwierige Umfelder, denen man nur schwer entgehen kann. Man kann sich bei Aufführungen sein Publikum nur bedingt aussuchen. Man wird manchmal mit Kollegen auftreten, die einem fern sind. Künstler können das nicht vermeiden. So legitim, wie die Selbstbestimmung des Künstlers ist jedoch auch die selbstbestimmte Rezeption des Publikums, der Rezenten, Freunde, Genossen, Kumpanen. Es war damit zu rechnen, dass der Auftritt nicht ohne Kritik bleiben würde. Und ich halte die grundsätzliche Kritik an den Auftritten von Dehm und anderen für durchaus gerechtfertigt. Ich kritisiere ja selbst ihre Auftritte, halte sie für taktisch falsch und strategisch verheerend. Aber man kann schlechterdings diese Kritik nicht an Vorstandsbeschlüsse von Parteien binden. Parteigremien haben nicht zu entscheiden, wo Künstler auftreten. Auch dann nicht, wenn die Künstler Mitglieder der Partei, gar des Vorstandes oder von Fraktionen in Parlamenten sind. Die Freiheit der Kunst geht vor. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist ihr ebenbürtig. Man darf deshalb sagen: Ich finde den Auftritt falsch. Man darf nicht sagen: Ich finde den Auftritt falsch, weil der Parteivorstand beschlossen hat, dieses oder jenes nicht zu unterstützen. Das geht nicht.

Warnen möchte ich auch davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten.  Diether Dehm und Prinz Chaos II sind linke Künstler. Da gibt es für mich gar keine Frage. Das unterscheidet sie von „Die Bandbreite“. Man soll und darf das nicht vermischen. Dehm und der Prinz begehen einen Fehler. Meiner Meinung nach. Aber sie gehören deshalb nicht in einen anderen politischen und schon gar nicht in einen anderen ethischen Kontext. Sie bleiben linke Künstler.

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