Die Lösung vom Reim – den Milton als Erfindung eines barbarischen
Zeitalters zur Kaschierung von erbärmlichem Gegenstand und lahmen
Versmaß bezeichnet -, und die Konstruktion des Werkes betraten nicht
etwas Neuland, sondern öffneten der abendländischen Dichtkunst die
Rückkehr zu ihren antiken Wurzeln. Nicht von ungefähr erinnert das
Versmaß an römische und griechische Dichtung.
Miltons Großdichtung um den Verlust des Paradieses durch den Einfluß
des Teufels, ist zu gleich ein religiöses Werk, welches sich auf der
puritanischen Erziehung seines Dichters aufrichtet, als auch eine
philosophische Reminizens an Vergil und die Weltsicht römischer
Staatsdichtung. Milton schafft also mehr als schöne Literatur. Es
gelingt ihm ein Weltbild zu kolportieren ohne dabei auf die Schönheit
von Versen unvergleichbarer Sauberkeit zu verzichten.
Der Teufel als handelnde Instanz wird dabei zu einem metronomischen
Wesen. Ihm als negative Handlungsgröße wird also ein Gewicht zu teil,
welches über allen anderen an einer Art von böser Kraft gewinnt. Eine
andere Darstellung aber ist hinsichtlich der Konstruktion gar nicht
möglich. Jede Rücksetzung des satanischen Protagonisten hätte die
Dichtung schwächer gemacht und in das Sammelsurium allgemeiner
Gottesverehrung geschoben. Paradise Lost wäre mehr nicht geworden, als
ein langes Vaterunser.
Das Buch kommt in einer ruhigen, aber unter bibliografischen
Gesichtspunkt wundervollen Form daher. Es enthält nicht nur die
Dichtung selbst (nebst Miltons Vorwort) und biblografischen Notizen,
die das Lesen in der Tat erleichtern und das Textverständnis erhellen,
sondern auch die Illustrationen von William Blake.
Die Dichtung selbst, das ist Meiers Verdienst, erscheint frisch und
auch für solche Leser, die den literarischen Umgang mit Großdichtungen
nicht gewohnt sind, gut lesbar.
Milton, John: Das verlorene Paradies
Übers. u. Hrsg.: Meier, Hans Heinrich. Mit 12 Ill. von Blake, William
Reclam Bibliothek. Geb. Format 12 x 19 cm. 520 S.
Erscheint am 6. Oktober 2008