Gestern war Shakespeare in Leipzig. Sogar als drei Menschen in einem Boot. Die Menschen waren die großartige und in der Tat verdienstvolle Übersetzerin Christa Schuenke, über die es sich lohnt in Wikipedia nachzulesen; Jan Weinert, dessen Übersetzungen sich in Metrik und Wortwahl so nahe wie möglich "in der Zeit", also der englischen Renaissance befinden – und ich. Während Christa Schuenke und Jan Weinert alle Sonette übersetzt haben, habe ich es ja lediglich auf 21 Sonette geschafft. Meine Auswahl sollte zum Einen einen Querschnitt liefern, um anderen aber auch auf die sexuelle Ambivalenz Shakespeares hinweisen. Das Buch "Ist besser, verdorben auch zu sein", in dem sich auch ganz großartige Zeichnungen von Julia Theveßen befinden, wird deshalb durch ein Essay von Dr. Rictor Norten ergänzt, welches zum ersten Male in deutscher Sprache erschienen ist.
Wir sprachen, mit unterschiedlichen Ansichten und Gründen von Shakespeares Sonetten, wir lasen – auch überschneidend, um Unterschiede darzustellen. Es war ein guter Abend und eine wichtige Veranstaltung. Es ist das Verdienst der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik, diesen Abend organisiert zu haben. Beigetragen dazu hat das Haus des Buches, also das Leipziger Literaturhaus. Die überaus kompetente Moderation durch Alfred Schreiber, der auch Shakespeare-Sonette übertragen hat, führte zu einer verdichteten (in jedem Wortsinne) Diskussion unter uns und auch mit dem Publikum. Es ist von hoher Notwendigkeit, über Sprache – und dabei geht es ja in erster Linie bei Übersetzungen und Nachdichtungen – und ihre Trägerschaft für Inhalte zu reden. Und von gleicher hoher Notwendigkeit ist es, Literatur, welche keine zeitgenössische ist, in die Zeit zu holen. Denn natürlich muss auch das Bewahren von Verbindungslinien eine Aufgabe von Literaten sein. Wir haben, da bin ich mir sicher, einen Stein auf die Mauer gelegt.