Einführung in Politische Theorie und Ideengeschichte
Ein weiteres Einführungswerk in die politische Theorie und Ideengeschichte? Braucht das die Welt? Nach der Auffassung der beiden Verfasser – ja. Das Anliegen der gemeinsam von Herfried Münkler und Grit Straßenberger, zwei deutschen Professoren für Politische Theorie, verfassten Einführung ist es, die politische Ideengeschichte und Theorie statt chronologisch anhand zentraler Leitbegriffe und zugehöriger Problemfelder darzustellen (vgl. S. 9). Dieser Zugang ist entgegen der These der beiden Herausgeber weder neu noch besonders innovativ. Eine Reihe moderner Arbeiten über politische Theorie verfährt bereits nach jener Methode und vernachlässigt einen rein chronologischen Zugang.
In 13 Kapiteln werden zentrale Problemfelder der Teildisziplin der Politikwissenschaft anhand von Begriffspaaren wie „Staat und Nation“, „Liberalismus und Republikanismus“, „Religion und Politik“ oder „Herrschafts- und Verfassungsformen“ knapp und pointiert abgehandelt. Die Auswahl der teils komplementären teils sich entgegengesetzten Begriffspaare hätte allerdings einer Begründung bedurft, die die beiden Verfasser leider nicht bieten. Lapidar verweisen sie darauf, dass bei einer Auswahl immer „Viele Autoren nicht berücksichtigt (werden).“ (S. 23). „Demokratie“ als eigenständiger Begriff fehlt zum Beispiel. Der Gender-Begriff, der aus der modernen Politikwissenschaft nicht mehr wegzudenken ist, wird nicht einmal erwähnt. Gerade hier wären hier Lücken bisheriger Einführungen zu schließen. Ebenso klammern die Autoren völlig eine anarchistische Perspektive auf Politikwissenschaft aus. Weder Michael A. Bakunin noch Pierre-Joseph Proudhon tauchen namentlich in der Einführung auf. Gerade letzterer würde sich durch seine Überlegungen über Föderalismus anbieten. Die stattdessen zitierten Autoren sind der Grundkanon und überraschen nicht sonderlich – Aristoteles, Platon, John Locke, Jean-Jacques Rousseau, Karl Schmitt etc.
Eingeleitet wird die Einführung durch einen generelle Beitrag, in dem die Disziplin innerhalb der Politikwissenschaft verortet wird, was vor dem Hintergrund einer seit Jahren stattfindenden Zurückdrängung auch von Nöten ist und den stärksten Aspekt des Buches ausmacht. Gleichzeitig werden unterschiedliche Zugänge zur Teildisziplin aufgezeigt, was es auch von anderen Einführungen deutlich und positiv unterscheidet.
Im Anhang an jedes Kapitel finden sich ein paar ergänzende Literaturhinweise, bei denen der Name Münklers als Herausgeber oder Verfasser besonders häufig anzutreffen ist. Das ergibt sich u.a. daraus, dass die, von ihm gewählten Begriffen seinen persönlichen Forschungsschwerpunkten entsprechen. Am Ende des Buches findet sich auch ein Personenverzeichnis. Ein Sachverzeichnis fehlt hingegen leider.
Das Werk hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits sind die Kapitel von fraglos, guter fachlicher Qualität und auch das einführende Kapitel bietet wichtige Impulse. Andererseits erscheint die Auswahl der Begriffspaare nicht unbedingt die Bandbreite der Teildisziplin adäquat abzudecken. Es ist daher ergänzend mit anderen Einführungen sicherlich für Studienanfänger zu empfehlen, aber als alleiniger Einstieg in die Thematik ist es zu lückenhaft und zu eingeengt.
Maurice Schuhmann
Herfried Münkler / Grit Straßenberger: Politische Theorie und Ideengeschichte. Eine Einführung, C.H. Beck Verlag München 2016, 426 S., ISBN: 978-3-406-59985-9, Preis: 19,95€.