Im kleinen, aber durchaus feinen, Ventura Verlag ist dieser Tage das zweite Buch mit Gedichten von Bernhard Büscher erschienen.
Büscher, der bis zu seiner Pensionierung Polizist in Kamen war, hat eine späte, bemerkenswerte Kariere als Dichter begonnen. Eine, nicht nur, regionale Wahrnehmung im öffentlich-rechtlichen Radio und den durchaus gewichtigen Blättern des Ruhrgebiets haben ihn einem recht großen Publikum bekannt gemacht.
Und das zur Recht. Denn Bernhard Büscher hat es vermieden in den Chor der dichtenden Ichse einzusteigen und das Lied des selbstbezogenen Leidens zu singen.
Ich bin, ich gebe es zu, voreingenommen: nicht weil ich Bernhard Büscher kenne (ich kenne ja auch viele andere Dichter und Dichterinnen), sondern weil es mir seit etlicher Zeit sauer aufstößt, wie sehr sich Lyrik immer wieder um den oder die Lyriker:in dreht und um sonst nichts. Schatten allenthalben, geworfen von des Wirrnissen der Kindheit auf die Blätter, die dann nicht die Welt bedeuteten, sondern das enge, eingeschnürte Betrachten des ganz und gar Eigenen. Heinrich Heines Gedichte «Die schlesischen Weber» oder «Krähwinkels Schreckenstage» würden heute als inakzeptable Grobheit und Ideologisierung des Poetischen abgetan werden. Selbst große Teile einer vermeintlich politischen oder gesellschaftlichen Dichtung verneinen oft die Dialektik zwischen Dichter:in und Welt, stattdessen zeigen sie eine kybernische Sicht auf, bei der das Schlimme der eigenen Erfahrungen das Aufbegehren steuert. Da schwurbeln große Teile der Dichtung der Achtziger, Neunziger und Nuller im Familien-, Eltern- und frühem Liebesschmerz vor sich hin, als hätte es Heine, Herwegh, Kaleko, Brecht, Tucholsky und andere mehr nie gegeben. Diese Dichtung ist vorherrschende, die preisbedachte, die vielbesprochene, weil natürlich auch die Kritiker:innen Kinder ihrer Zeit sind.
Dagegen steht die Dichtung einer nachfolgenden Generation, die den Ichsen der Generation zwischen dreißig und Fünfzig nachfolgt. Und einer der Jungautoren dieser Generation ist Büscher.
Gerne wird Literatur, wie ja auch Musik, gelabelt. Neo-Realismus ist das Label, was ich für die Gedichte Berhard Büschers am zutreffenden finde. Er schildert mit eingegrenzten Begebenheiten umfassende Beziehungen der Einzelnen zur Gesellschaft. Er beschreibt lyrisch, nicht um des Verdichtens willen verdichtet, sondern verdichtet durch die Randbegrenzung, das quasi Kleine, aus dem sich das Große, das Ganze wie von selbst ableitet. Das hebt ihn auf eine Ebene, die ganz abgesondert ist von allem zur Zeit Gängigen.
In Kamen engagiert sich Bernhard Büscher dafür aus der kleinen Ruhrgebietsstadt eine Literaturstadt zu machen. Im Sommer fanden Lesungen in drei Kirchen statt, an denen auch die eritreische Dichterin Yirgalem Fisseha, die Präsidentin des deutschen PEN-Zentrums Regula Venske und ich sowie drei Schriftsteller teilnahmen die dort wohnen. Unter ihnen auch PEN-Generalsekretär Heinrich Peuckmann, der aus Kamen stammt.
Von Berhard Büscher wird man hören und ich hoffe immer mehr und stets lauter.
Sehen, Hören
Er sagte: Sieh mal
die Schönheit des Blattes
den Glanz des Grases
die Schönheit im Gesicht
der alten Frau
Hör nur die Musik des Windes
Spüre den Frieden im Wald
die Liebe der Kinder
Hörst du das Konzert der Vögel
ich war mit ihm
auf dem Weg
in die Psychiatrie
Bernhard Büscher, Mauern im Kopf, Gedichte, Ventura Verlag, ISBN 978-3-940853-74-5, 10 Euro