Als im Jahre 1291 den Fürstbischof von Köln ein Schreiben erreichte, welches der Abt des Kloster Reixen an der Wahne verfasst hatte, ahnte in der aufstrebenden Handelsstadt Hamburg niemand etwas von dem Streit, in welchen nacheinander verschiedene Personen des Reiches und auch der Kaiser gezogen werden sollten. Auch späterhin beschäftigte dieser Streit die Hamburger Bürger in keiner Weise. Noch heute ist er dort völlig unbekannt.
Ausschlaggebend für das Schreiben, welches nun in dem, dieser Besprechung zugrundeliegendem Buch in Kopie enthalten ist, war eine Handschrift, die im Kloster Bösendorf verfertigt worden war und da es einen damals schon regen Austausch zwischen den Klöstern gab, auch in Reixen bekannt wurde.
Es ging in der Handschrift um nichts Geringeres, als darum, für bestimmte Probleme des christlichen Glaubens Sichtweisen zu dokumentieren, die durchaus einer Betrachtung durch die Kurie in Rom als wert empfunden wurden und die Positionen bestimmter Kreise in nicht nur deutschen Klöstern wiedergaben. Das Werk, welches den lateinischen Titel „Quis id legit sultus est“ trägt und noch heute in einigen wenigen Exemplaren hier und da vorzufinden ist, war vollständig in Altgriechisch verfasst worden. Ein Umstand, welcher auch dieser Tage Literatur- und Religionswissenschaftlern Rätsel aufgibt: Warum wählte man für Inhalt und Titel unterschiedliche Sprachen?
Das Werk war in die sieben Abschnitte Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs und Sieben gegliedert, die auch solcher Art überschrieben waren und aus ihren Überschriften allein nicht auf den Inhalt schließen ließen. Man musste also die Kapitel lesen, ja durcharbeiten, und dazu bedurfte es eines dem Griechischen mächtigen Lesers.
Der Fürstbischof, wie auch die päpstliche Verwaltung in Rom, an die das Schreiben aus Reixen an der Wahne ebenfalls gerichtet war, verweigerten jedoch den Einwänden des Abtes jegliches Gehör. So findet sich zwar das Schreiben, jedoch keine Antwort. Ganz offenbar wollte man mit den Auseinandersetzungen nichts zu tun haben.
Es ist Onno von Watndatda, der an der Universität Leer angewandte Scholastik lehrt, zu danken, dass unser Blick nun auf diese fast vergessene Episode deutscher Religions- und Literaturgeschichte gelenkt wird. Denn das Werk aus Bösendorf und seine ungenannten Verfasser bebilderten die Handschrift nicht nur nach bestem Vermögen, sie fügten dem religiösen Text auch Gedichte bei, die in der, für die damalige Zeit ansonsten nicht dokumentierten Form des Hexameters verfasst waren und sich mit weltlichen Dingen vom Bierbrauen, über die Rosenzucht, bis zur Liebe befassten. Das längste Gedicht, welches den Titel „Acta agere“ trägt und – eine Wiederholung des Buches im Buch – zwar Lateinisch betitelt, im Inhalt jedoch griechisch geschrieben ist, befasst sich mit dem bäuerlichen Leben.
Das Buch sei jenen ans Herz gelegt, die sich ernsthaft mit solchen Dingen beschäftigen wollen und das beliebte Zitat Audias fabulas veteres sermonesque maiorum! gern auf den Lippen tragen.
Es wird dieser Tage im Verlag für das verminderte Geisteswesen – Minderverlag, Minden – erscheinen.