Mit „Antisemitismus und die AfD“ reicht Stefan Dietl ein konzentriertes, klar strukturiertes Kurzbuch dar, dessen Ziel es ist, den Antisemitismus als bedeutendes Element der Ideologie und als relevantes Modell zur Erklärung von Weltsichten innerhalb der Partei zu detektieren.
Dietl verknüpft historische, ideengeschichtliche und gegenwartsbezogene politische Erkenntnisse und erklärt, wie antisemitische Muster – von Verschwörungserzählungen über stereotype Zuschreibungen bis hin zu gezielten Inszenierungen pro-israelischer Rhetorik – in Parteistrukturen und öffentlichen Auftritten verankert, aber auch bewertbar sind. Das Buch überzeugt durch seine Prägnanz.
Dietl bietet auf etwas mehr als hundert Seiten einen kompakten Überblick über die verschiedenen Erscheinungsformen von Judenfeindlichkeit innerhalb der AfD und erläutert nachvollziehbar, warum punktuelle Distanzierungen einzelner Funktionär:innen das strukturelle Problem nicht lösen können. Andere Rezensent:innen heben hervor, dass Dietl kein umfassendes Handbuch bietet, jedoch eine klar fokussierte Bestandsaufnahme, die methodisch präzise mehrere Ebenen – Akteure, Diskurs, Symbolik – miteinander verknüpft. Das aber ist zugleich, so meine ich, der Mehrwert dieses Buches: Die rasche Handhabung bei gleichzeitiger wissenschaftlicher Fundiertheit.

Dietls Untersuchung der Parteiöffentlichkeit und der sozialen Medien ist spezifisch und außerordentlich: Er verdeutlicht, wie antisemitische Codes rekodiert oder unter pro-israelischer Rhetorik verborgen werden, um Kritik zu neutralisieren, ohne die ideologische Grundlage tatsächlich zu verlassen.
Dietl findet dabei eine gute Balance zwischen detaillierter Belegführung und gut lesbarer Darstellung. Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass die Kürze des Bandes auch seine Begrenzung darstellt – einige Themen, wie tiefgehende soziologische Erklärungsansätze oder umfassende Fallstudien, werden nur kurz angesprochen.
Das Buch stellt für Leser*innen aus der Zivilgesellschaft und den Gewerkschaften allerdings und gleichwohl ein praktisches Instrumentarium bereit: Es bietet Argumente, Fallstudien und eine klare Darstellung der Funktionsweise von Antisemitismus in aktuellen rechtspopulistischen Formationen, ohne dabei auf generalisierte Zuschreibungen zurückzugreifen. Aufgrund der kompakten Form eignet es sich besonders für Bildungsarbeit, politische Diskussionen und die Vorbereitung auf öffentliche Debatten.

Fazit: „Antisemitismus und die AfD“ stellt ein präzises und fundiertes Plädoyer dar, das Antisemitismus in der Analyse der AfD nicht als Randphänomen, sondern als einen strukturrelevanten Kern betrachtet. Es ist ideal geeignet, um einzuführen und den Anstoß zu geben; für weiterführende Arbeiten empfiehlt sich zusätzliche Literatur.

Aus dem Buch mag dieses Zitat, das sich gleich zu Anfang findet, klar die Problemstellung definieren:
»Aber es gibt keine Antisemiten mehr«4 – mit diesen Worten beginnen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno die letzte These ihrer »Elemente des Antisemitismus«. Sie wurde der »Dialektik der Aufklärung« erst 1947 hinzugefügt und reflektiert den Antisemitismus nach der Shoa. Gemeint ist damit selbstverständlich nicht, dass mit der Befreiung der Konzentrationslager auch der Antisemitismus aus der Welt verschwunden wäre. Es gibt vielmehr nach der militärischen Niederschlagung des Nationalsozialismus keine Antisemit•innen mehr, weil niemand als Antisemit•in gelten möchte. Selbst hart gesottene nationale Sozialist•innen wie die Mitglieder der NPD – heute Die Heimat – beteuern, keine Antisemit•innen zu sein. Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer oder Schlagersänger und Verschwörungsideologe Xavier Naidoo wehren sich juristisch gegen den Vorwurf des Antisemitismus.
Auch die AfD will in Anbetracht der deutschen Verantwor- tung für den millionenfachen Mord an den europäischen Jüd•innen und der damit verbundenen Ächtung des offfenen Antisemitismus in weiten Teilen der Öfffentlichkeit partout nicht als antisemitische Partei gelten. Trotzdem ist ihre kurze Ge-Stschichte geprägt von zahlreichen einschlägigen Skandalen.“