Der libertäre Publizist Uwe Timm ist bekannt für seine im positiven Sinne Streitlust und auch für seine kontroversen Ansichten. In den letzten Jahren hat sich der Mitherausgeber der individualanarchistischen Zeitschrift espero leider immer stärker libertären Positionen angenähert, d.h. libertären Positionen im Sinne von anarcho-kapitalistischen. Von daher verwundert es wenig, dass seine gesammelten, (vorrangig) an die konservative Tageszeitung „Die Welt“ gerichteten Leserbriefe auch von Michael von Prollius vom „Forum Ordnungspolitik“, einer Plattform für solche Gedankengänge, herausgegeben wird. Sie stammen aus den Jahren 2010 bis 2013 und wurden z.T. leicht modifiziert. Neben den Leserbriefen finden sich auch eine Reihe von Erinnerungen an bekannte Libertäre wie Emma Goldman und Kurt Zube.
Die Leserbriefe drehen sich alle um dieselben Themen – den Mythos Klimawandel, die Steuerpolitik und die Eigenverantwortung des Bürgers. Nach dem dritten oder vierten Leserbrief wiederholen sich die Thesen von ihm, so dass man sich als Leser fragt, warum muss man dann die anderen Leserbriefe auch noch abdrucken. Zudem ist das Problem an Leserbriefen, dass sie in ihrer kompakten Form nur wenig Raum für fundierte Analysen bieten. Sie sind von ihrer Form her als kurze Meinungsäusserungen verfasst.
Die Hauptthesen Timms lauten in Kurzform:
- Der Klimawandel auf Grund des CO2-Verbrauchs ist eine Lüge, die zur Selbstrechtfertigung von Umweltverbänden dient.
- Die Besteuerung ist eine Last und wird von den Regierenden unverantwortungsvoll betrieben.
- Die Eigenverantwortung des Bürgers und der Mut zur Freiheit ist grundlegend und wichtig, fehlt aber in der Bundesrepublik weitgehend.
Die Positionen, die der ehemalige Betriebsratsvorsitzende hier vertritt, haben leider häufig den Beigeschmack des anarcho-kapitalistischen Duktus’. Seine Ansichten zum Klimawandel hat er bereits 2012 in dem espero-Sonderheft „Gegen das Geschäft mit dem Klimawandel“ dargelegt.
Die Nachrufe und Erinnerungen an Libertäre sind von unterschiedlicher Qualität. Während ein Nachruf auf Georg Orwell doch sehr oberflächlich bleibt, während er in seinem Nachruf auf seinen Weggefährten Kurt Zube einige interessante Aspekte, wie die Ignoranz der deutschsprachigen A-Szene gegenüber individualanarchistischen Positionen thematisiert.
Insgesamt kann dieser Sammelband nicht überzeugen. Er wirkt in seiner Fülle aufgebläht und präsentiert wenig bzw. nichts Neues. Die Thesen von Uwe Timm sind altbekannt und werden hier auch nicht adäquat mit Fakten unterlegt. Für eine Auseinandersetzung mit seinen Gedanken scheint mir dieser Band ungeeignet zu sein.
Maurice Schuhmann
Uwe Timm: Briefe an die Welt. Leserbriefe und Erinnerungen an Zeitzeugen, herausgegeben von Michael von Prollius, Aloha Buch Berlin 2013,
ISBN: 978-3-939215-09-7, 101 S., Preis: 7,90 Euro.