Das ORF will den Bachmannpreis nicht mehr ausrichten. Läppische 650.000 Euro hat die mehrtägige Literaturshow das ORF pro Jahr gekostet. Ein lächerlicher Betrag, nimmt man dagegen das, was der Fernsehsender pro Jahr an Sportrechten bezahlt. Einhundert Millionen wird der Sender im kommenden Jahr zusätzlich für diese Rechte auf den Tisch legen, geht aus einer Mitteilung der IG Autorinnen und Autoren aus Wien hervor. Offenbar wird, dass es nicht um die Summe gehen kann. Es geht um den Sendeplatz. Der soll für quotenträchtigen Sendungen freigemacht werden. Damit stellt die Frage nach dem Auftrag, den ein öffentlich-rechtliches Fernsehen auch in Österreich hat. Die Gesetzeslage hin oder her: Es gibt eine Verpflichtung der Kunst gegenüber. Und die gilt selbstverständlich nicht nur für die Alpenrepublik, sondern auch für andere deutschsprachige Nationen.
Der Bachmannpreis, in seiner jetzigen Form, ist ein Überbleibsel aus einer Zeit vor der Massenkommunikation des Internets. Man muss seine Struktur in Frage stellen dürfen, man darf nicht den Preis selbst in Frage stellen. Es besteht kein gleichartiges Literaturevent für deutschsprachige Literatur. Die Machart muss angepasst werden. Dazu muss es eine in gelinder Öffentlichkeit geführte Debatte geben: Soll die Jury jährlich wechseln? Wer soll ihr angehören? Wer soll sie bestimmen? Wie will man Neue Medien einbeziehen, bis zu welchem Grad und auf welchem Weg? Wie verhindert man zukünftig, dass es eine Bachmannpreisträgerliteratur gibt, die Ergebnis von jurorischer Gleichförmigkeit ist. Und so weiter. Bis diese Disputation geführt worden ist aber, muss der der Klagenfurter Event weitergehen. Mit oder ohne ORF.
Mir schiene es sowieso viel sinnvoller, man ließe die Sache von 3sat ausrichten, also von einem Sender, der über die Landesgrenzen geht. Und der sich seines Auftrages – nicht immer, aber oft – sicher ist in Erfüllung und Umsetzbarkeit.
Es hat wütende Philipppiken gegeben nach der Verlautbarung des ORF. Von Tellkamp und anderen ist das Kind gleich mit dem Bade ausgeschüttet worden. Es kann aber nicht so sein, dass der befürchtete Untergang, der hoffentlich letztlich zu verhindern sein wird, nicht dazu genutzt wird, auch jene Kritik in einen Neuanfang einfließen zu lassen, die mindestens seit dem Zeitpunkt geäußert wird, als Katrin Passig die Jury so trefflich vorführte. Ohne drastische Veränderungen kann der Preis nicht überleben. Und so mag der Rückzug des ORF einen heilsamen Bruch darstellen. Es kommt darauf an, einen Sender mit Gewicht zu finden, der die Sache übernimmt. Wenn das ORF sich analphabethisieren will, soll es das tun. Ersatz muss her – und ein aufgemöbeltes Literaturtreffen in Klagenfurt. Und richtete 3sat die Chose aus, so wäre das ORF als Anteilseigner ja wieder mit im Boot.