320px-Parthenon_AthenIn der jungen Welt von heute befindet sich auf Seite zwei ein Interview mit Peter Wahl. Wahl ist Vorsitzender der Organisation Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED).
Die wesentlichen Teile des Interviews sind der erste und der letzte Absatz, und zwar in umgekehrter Reihenfolge. Denn nachdem Wahl dem Leser seine Sicht auf den Euro verdeutlicht hat, verdeutlicht er seine Sicht auf die EU. Allerdings entspringt seine Sicht auf den Euro der Sicht Wahls auf die Europäische Union. Er lehnt sie als neoliberales und in der Tendenz neoimperialistisches Projekt „der Eliten“ ab und hält es für eine gute Sache für die „meisten Europäer und den Rest der Menschheit“.
Seine Sicht auf den Euro ist dem geschuldet. Wahls Argumentation ist so einfach wie klar: Der Euro verhindert, dass schwächere Staaten ihren Außenhandel beleben können, wie sie es vermögen würden, hätten sie eine eigene, abwertungsfähige Währung. Das ist insoweit erst einmal richtig, aber trotzdem falsch. Denn der wesentliche Wirtschaftsraum fast aller Eurostaaten, vielleicht außer Deutschland, ist die EU selbst. In ihm – dem Wirtschaftsraum – ermöglicht der Euro Handelserleichterungen. Und er verhindert, dass stärkere Staaten, also z.B. Deutschland, ihre Währungen abwerten können um dann im Konzert von Wechselkurs und Hochtechnologie, Produktionsstärke und Produktivkräften den schwächeren Staaten vollends den Garaus machen können. Die Abkehr vom Euro ist bislang dann ernsthaft diskutiert worden, wenn die Schwäche eines Staates – wie Griechenland – das in der Tat im Moment neoliberale Wirtschaften der EU gefährdete. Allerdings genau von denen, die die Fahne der neoliberalen Politik hochhalten.
Die EU ist einer der vier imperialistischen Blöcke. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Sie ist es, da mag ich Wahl Recht geben, in der Tendenz, weil ihr eine klare gemeinsame Außenpolitik ebenso fehlt, wie eine zentrale Wirtschafts- und Fiskalpolitik.
Seltsam kommt mir allerdings der, von mir angenommene, Subtext vor. Nämlich die Idee, dass es in einer durchgehend kapitalistischen Welt mit ihrem Hang zur Monopolbildung und dem Einfluß der Monopole auf die Staatsgeschäfte etwas anderes geben könnte. Man kann diese Kritik als lässlich abtun und sollte es auch. Was man bei der EU nicht abtun kann ist das Vermögen zwischen ihren Mitgliedsstaaten Frieden ermöglicht zu haben, den Wilden Osten, trotz aller Verwerfungen die in die EU hineinwirken, unter einer Fuchtel zu halten, die das Schlimmste in der Innenpolitik dieser Staaten verhindert.
Wahls Plädoyer für die Loslösung schwächerer Staaten vom Euro ist ein Plädoyer gegen die EU als Organisation. Das ist, in einer Situation der fast heißen Konfrontation mit Russland völlig verfehlt. Gerade die EU ist in der Lage Staaten wie Polen, aber auch die Baltischen Staaten, davon abzuhalten mit noch aggressiverer Politik der aggressiven Politik Putins zu begegnen. Eine Ukraine ohne die Perspektive eines Beitritts zur EU, Serbien ohne gleichen Ausblick würden eine potentielle Gefährdung des Friedens sein – weit über das jetzige Maß hinaus.
Das Problem der EU nach innen ist der Verlust der staatsphilosophischen Basis, also der Bürgerrechte, zu denen auch die sozialen Rechte gehören. Man braucht eine demokratische Stärkung des EU-Parlaments und eine Beschneidung der Rechte der Nationalstaaten. Das wird kurzfristig und wohl auch mittelfristig unmöglich sein. Gleichwohl muss man darum kämpfen. Und zu einem Supranationalstaat der Regionen gehört eine gemeinsame Währung, eine gemeinsame Wirtschafts- und Steuerpolitik und eine Sozialpolitik auf hohem Niveau; vielleicht auch ein europäisches Bürgergeld. Das ist alles Reformismus. Selbstverständlich. Es gibt keine revolutionäre Situation und keinen Träger eines Umschwungs. Auch die Neue-Neue-Labour-Party unter Corbyn ist eine sozialdemokratische Partei. Podemos ist eine bolschewistische Bewegung und in Griechenland verschrödert Syriaz gerade. Das Ziel linker Politik muss doch nun sein, Situationen zu mildern, die dazu führen, dass die Lage der Menschen sich noch weiter verschlechtert – zumindest muss die Politik eine Perspektive aufzeigen. Es kämpft sich besser auf dem festen Boden der sozialen Sicherheit, als im Morast der Not.