Die politische Kultur zerstört
Der sogenannte Kompromiss zwischen der Bundeskanzlerin und Innenminister Seehofer ist ein Kompromiss, der die politische Kultur in Deutschland in bislang ungekanntem Ausmaße beschädigt. Er opfert, in seinem Inhalt, im Gleichschritt mit den verheerenden Beschlüssen der EU Humanismus, die Menschenwürde der Flüchtlinge, die Europa erreichen und die Menschenrechte der Angst vor einem Haufen vandalisierender Rechtsradikaler in Opposition und in europäischen Regierungen. Das ist das Gegenteil einer Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, von europäischen und deutschen Werten. Es ist eine mörderische politische Verzagtheit, ein menschenfeindliches Kalkül. Es zeigt den unpolitischen, wertefernen Willen zur Machterhaltung. Aber damit wird weder die rechtskonservative-rechtsradikale Regierung in Österreich, oder die in Teilen neofaschistische Regierung in Ungarn besänftigt, ja gar bezwungen, noch wird die hiesige rechtsradikale Parlamentspartei AfD durch die Übernahme ihrer Forderungen geschwächte. Das Gegenteil ist der Fall. Ohne Not hat man den Rechtsradikalen in der EU die Flüchtlinge als Menschenopfer vorgeworfen. Es ist ein widerliches, widerwärtiges Verhalten, dass da in EU-Ministerrat und Bundesregierung zur Wirkung gelangt ist.
Zugleich wurde die Politik auch fern der konkreten politischen Arbeit beschädigt. Die Bundesregierung, besonders die Kanzlerin, ist zu einer politischen Lachnummer gworden. Wer es zulässt, dass er in dieser Art und Weise erpresst werden kann, verwaschlappent sich und die Strukturen, die er vertritt.
Im Interesse der Bundesrepublik hätte die Kanzlerin den Innenminister entlassen müssen. Und zwar ganz und gar unabhängig vom Inhalt des Streites. Die Anwürfe aus München und aus Alt-Moabit waren derart, dass Kanzlerin sie nicht hätte hinnehmen dürfen. Sie hat sich so, auch für die Zukunft, zu einem Spielball niederer politischer Interessen gemacht, erpressbar, wankelmütig, wehrlos.
Das Staatsorgan Bundeskanzler*in hätte von ebendieser verteidigt werden müssen. Dass das unterblieb schädigt die Bundesrepublik im Inneren und im Äußeren.
Die Vorsitzende der großen konservativ-liberalen Volkspartei CDU hätte sich von einer regionalen Schwesterpartei, die es auf sechs Prozent im Bund bringt, nicht derart an den Werten der eigenen Partei brandschatzen lassen dürfen. Dass die CSU Feuer an die Grundlagen der CDU legen konnte, dass so der Wille zur einem einigen Europa und zum Erhalt von Menschenwürde und Respekt gegenüber Hilfesuchenden den aggressiven Wahlkampfinteressen der CSU geopfert wurde macht aus der CDU eine Partei ohne Eigenschaften und ohne Rückgrat. In dieser Situation, die allein der CSU anzulasten ist, hätte die CDU nun endlich mit der Gründung eigener Kreisverbände in Bayern antworten müssen.
Die CSU war – und ist – ja nicht in der Lage durch eine bundesweite Ausdehnung ernstlichen Schaden anzurichten: Zwischen CDU und AfD ist kein Platz für die CSU. In Bayern aber ist Platz in der sogenannten bürgerlichen Mitte.
Was als Quintessenz bleibt, ist die Erkenntniss, dass die Wahrung der Menschenrechte, der Würde und der Solidarität von Mensch und Mensch, von Staat zu Mensch ebenso, der gesellschaftlichen Linken, und in Deutschland insbesondere der LINKEN, obliegt. Weil die bürgerlicher Mitte ihre hochgehaltenen Ideale mit einer erschreckenden Leichtigkeit verrät.