no-futureEs gibt wohl kaum eine Jugendkultur, die so gut erforscht wie der Punk und seine Jünger ist. Im Archiv der Jugendkulturen erschien nun mit „No Future?“ (was für ein blöder Klischeetitel!) ein weiterer Band zum Thema – diesmal ein Interviewband mit 36 Interviews. So unterschiedlich ihre jetzige Lage ist, so verbindet sie alle, dass sie mal „Punk“ waren – und es z.T. heute noch sind. Unter den Interviewten finden sich einige „Szenegrössen“ wie z.B. der APPD-Gründer Karl Nagel, Abwärts-Frontmann Frank Z, der Slime-Sänger Dicken oder das umstrittene OHL-Urgestein Deutscher W. Mit Pankow kommt auch ein Vertreter der DDR-Szene zu Wort und eröffnet eine Ost-West-Perspektive. Eigentlich eine sehr gute Basis, um einen Beitrag für die Oral-History of Deutschpunk zu leisten…..

Interviews – gerade im klassischen Frage-Antwort-Stil – wie in diesem Band setzen allerdings viel journalistisches Geschick voraus. Sie wirken für den Leser schnell ermüdend. Sowohl dieses Geschick bzw. die journalistisch oder wissenschaftlich-methodische Erfahrung als auch eine näher bestimmte Fokussierung der Interviews fehlt den beiden Interviewern.

Die meisten Fragen in den Interviews sind leider völlig irrelevant oder bereits in anderen Kontexten zigmal beantwortet worden. Der Informationsgehalt von Fragen, ob André das Leben liebt, wie das Verhältnis von Carsten (Jg. 1964) zu seinen Eltern ist oder ob Monique in ihrer Jugend gerne Pogo getanzt hat, ist leider sehr gering. Das wirkt schon fast surreal.

Die Interviews kommen unvermittelt und sich nicht in einen grösseren Kontext. integriert. Es fehlen nähere Angaben zu den Personen und ihren Hintergründen sowie ein Nachwort, was die Interviews noch einmal einordnet. Statt dessen verbleibt man bei der schwammigen Formulierung im Vorwort: „Das Buch erzählt somit keine Musikgeschichte des Punkrock, sondern ist Zeitreise aus 37 (sic!) persönlichen Blickwinkeln, die man so wohl nicht mit jeder Generation machen kann.“ (3). Mehr als ein paar Anekdötchen konnten sie den Interviewten leider nicht entlocken. Die aktuellen Fotoaufnahmen der einstigen Punks wurden vereinzelt mit alten Fotos garniert. Hier hätte man sich als Leser auch ein bisschen mehr gewünscht.

Schade, dass hier interessantes Material einfach verschenkt wird. Selbst für mich, als langjährigen Angehörigen jener Subkultur, der mit jenen Bands aufgewachsen ist, langweilt dieser Band zu Tode. Eine Aneinanderreihung von Interviews, die ohne eine nähere Einordnung im Raum stehen, machen noch kein Generationsporträt aus.