schweizerfrankoDie Schweiz nahm in der politischen Landschaft Europas der 30er und 40er Jahre – mit ihrem Neutralitätsanspruch, der auch eine frühzeitige Anerkennung Francos zur Folge hatte – eine besondere Stellung ein. Gleichzeitig fielen viele Schweizer – sei es als Mitglieder der Internationalen Brigaden (ca. 800 Schweizer kämpften in den Internationalen Brigaden) oder auch als Zivilisten den Repressalien Franco-Spaniens zum Opfer. Anhand von 11 Fallstudien zu Repressalien gegen  Schweizer Bürger in Spanien – Auswanderer, Arbeitsmigrannten und Interbrigadisten – beleuchtet der Journalist und Autor Ralph Hug, der bereits in den vergangenen Jahren Studien zu Schweizer Spanienfreiwilligen publiziert hat, sehr dieses unrühmliches Kapitel der Schweizer Geschichte sehr eindrucksvoll nachgezeichnet. Die Bedeutung seiner Studien benennt er in seinem Fazit: „Die Fallstudien weisen nach, dass sich von den Franquisten verfolgte Schweizer Bürger oft von ihren Vertretungen im Stich gelassen fühlten. Zuweilen lebten sie gar im Gefühl, es gebe überhaupt keine Konsulate zu ihrem Schutz mehr. Hier zeigt sich eine doppelte Viktimisierung durch spanische und schweizerische Behörden, bedingt durch eine Art informelle Kollaboration der beiden Seiten auf Kosten der Opfer“ (331).

Seine Fallstudien skizzieren sehr unterschiedliche Lebensläufe und Schicksale, in denen sich die Repressalien (Arbeits- und Konzentrationslager, Todesurteile) des spanischen Faschismus und die Politik der Schweiz gegenüber der spanischen Führung spiegeln. Es handelt sich um Lebensläufe von Arbeitsmigranten, unpolitische Abenteurer, kommunistische Interbrigadisten, Freimaurer und auch Frauen, die Opfer der Verfolgung wurden. In einem Fallbeispiel tangiert er auch den Umgang mit unliebsamen Ausländern im Kontext von Spionageaktivitäten. Dabei scheinen auch immer wieder die Verquickungen zwischen spanischer und nationalsozialistischer Herrschaft durch, so wurden u.a. die spanischen Konzentrationslager von der Gestapo aufgebaut und betreut. Die Gestapo erhoffte sich auch durch Verhöre der Inhaftierten relevante Informationen zu erhalten.

Eingerahmt werden die Fallstudien durch zwei Kapitel, die sich dem historischen Kontext, d.h. die Darstellung der Schweizer Diplomatie und ihres Verhältnisses zur franquistischen Führung, sowie sechs ausgewählte Dokumente. Die Schweiz hatte sowohl ideologische als auch ökonomische Interessen in Spanien, was sich u.a. an der Verstrickung der Schweizer Banken bei der Finanzierung des Franquismus zeigt.

Ralph Hug holt in seiner Studie nicht nur die vergessenen Opfer des Franquismus ins kollektive Gedächtnis der Schweiz zurück, sondern arbeitet auch ein wichtiges Kapitel der spanischen Geschichte auf – den Umgang Francos mit unliebsamen Ausländern. Damit streift diese historische  Studie auch die internationale Ebene des Bürgerkriegs und der Nachbürgerkriegsphase. Seine Studie ist damit ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der spanischen Geschichte und füllt manch blinden Fleck der bisherigen Forschung.

Maurice Schuhmann

Ralph Hug: Schweizer unter Franco. Eidgenössische Diplomatie und die vergessenen Opfer der Franco-Diktatur 1936-1947, Rotpunktverlag Zürich 2013, ISBN: 978-3-85869-558, Preis: 38,50 Euro.