Sien, wie zärtlich hält die Schelde dich im Arm.
Novemberkalt und naß umfängt sie dich;
ihr Wasser trägt dich gütig aus dem Leben,
wäscht fort die graue Not, den Dreck,
von deinen Brüsten, deinen Beinen.
Du bist mir Bilder auf dem Monitor
und mehr doch, als nur Spiegelungen,
die Seelen, die der Maler mitgebannt,
erfassen mich, Sien.
Dein ganzer Kummer auf Papier.
Tinte, Bleistift, Tusche, Seelen.
Wie dich die kalte Schelde nun umfasst,
denkst du daran, dass du unsterblich bist,
im Sterben, treibend fort von aller Not,
denkst du da an die relative Ewigkeit?
Denkst du an deine Kinder,
an kalte Betten, all dein Leid,
das jetzt zurück bleibt
am Ufer des herbstlich kalten Flusses?
Denkst du an Vincent, warme Zimmer,
an das Geräusch der Feder auf Papier.
„Comment se fait-il qu‘il y ait
sur la terre une femme seule, délaissée?“
Kein Mensch hat solch Umfangenheit
dir geben können, so lang dauernd,
so tief, so würdevoll und so voll Rettung.
Wie gern wär Vincent Fluß gewesen
und hätte dich umgriffen?