Vermutlich wird es einige geben, die einwenden werden, ich hätte nicht genug nach den Krinken gesucht, die doch sicher anzumerken wären, wenn auf Gelände des Klosters Banz, nicht unerheblich von der Hanns-Seidel-Stiftung unterstützt, ein Liedermacherfestival stattfände – und das schon seit 28 Jahren. Aber ich kann versichern: Es gibt gar nichts Negatives, dass ich irgendwem auf die Stulle schmieren könnte.
Nein, ganz im Gegenteil. Was da in Kloster Banz stattfindet, ist ein Lehrstück, wie es auch gehen kann. Mit Bürgersinn und Kunstaffinität, mit Liebe zum Wort und zur Musik. Da kann man sich – um beim Brot zu bleiben – eine Scheibe abschneiden. Not tät’s.
Seit 1987 wird also unter der Ägide von Ado und Monika Schlier im Fränkischen ein Festival veranstaltet, das seinesgleichen selten hat. Glastonbury wäre vielleicht ein Ereignis von korrespondierende Güte, Intensität und Qualität.
Rainer Schulze war hier, 1988, als es die DDR noch gab, Rainhard Fendrich kam 1990, Ludwig Hirsch, der viel zu früh verstorbene, 1991, die große, große Odetta trat 1993 auf. Esther Ofraim sang – das Wetter! das Wetter! – in Gummistiefeln (1996). Joja Wendt vertat sich farblich und grüßte die „weiß-blauen“ Bayern, worauf die Franken rotweiß sahen. Zweitausendzwölf war Melanie Safka dort, die nicht nur mir seit vielen Jahren die Seele wieder grade biegt. Im letzten Jahr kam Angelo Branduardi. Und dieses Jahr, nicht zum ersten Male, Reinhard Mey, Hannes Wader und Konstantin Wecker. Neben den großen Namen aber eben immer auch Nachwuchs, der, so empfinde ich das, ohne hinter die Kulissen zu blicken, u.a. von der Hanns-Seidel-Stiftung fern von jeder politisch motivierten Verortung gefördert wird. Es sind große Konzerte, mit vielen Mitwirkenden. Es sind Konzerte, die eine enorme Breite aufweisen, aber nicht in der Qualität abfallen. Es ist also eine Leistung von erster Güte. Hätte das Ereignis ein Ladenschild, es müsste „ff Musik“ darauf stehen.
Simone Barrientos wird in den nächsten Tagen einen Bericht über das heurige Konzert schreiben. Mir aber geht es jetzt nicht um die Qualität von Wecker, Wader und Mey, Cythia Nickschas oder den anderen. Mir geht es um das Konzept, die Beteiligten und die Motivation, die ich hinter diesem Tun vermute.
Die CSU-Parteistiftung also stiftet den Nachwuchspreis. Und die Auswahl der Preisträger offenbart etwas, das von hoher Wichtigkeit ist. Mit Desiree Klaeukens, Martin Zingsheim, Cynthia Nickschas und Simon & Jan wurden keine Künstler ausgewählt, die irgendeine Erkennbare Nähe zur CSU vermuten lassen. Die Motivation also war nicht Beförderung des eigenen politischen Standortes, sondern künstlerische Qualität, mithin Bürgersinn, und dieser Bürgersinn auch wiederum nicht als politisches Programm, also nicht als bourgeoise Kunstaneignung. Das ist jene Bürgerlichkeit, die die Grundlage schafft, auf der Kunst und Kultur erfolgreich für ihre Freiheit fechten können und folglich entwicklungsfähig sind. Es ist der HSS ausdrücklich für dieses Engagement zu danken. Nicht die Aufhebung von Gegensätzen in der Weltsicht, um das noch anzumerken, sondern die Akzeptanz anderer Ansätze als des eigenen Ansatzes ist, was dazu führen kann, Freiheitsrechte zu erhalten. Und da es ja um ein Liederfestival geht und da es um konkret fassbare Künstler und ihre Positionen geht, kann man, ohne Übertreibung, sagen: Songs an einem Sommerabend sind ein bürgerliches Liederfestival, ein gutes Liederfestival und eines, das angesichts der Lage überaus nötig ist.
Ado Schlier, der, nicht allein allerdings, soweit ich das eruieren konnte, die Chose vor 28 Jahren auf die Wiesen vor dem Kloster Banz gestellt hat, hat damit einen Beitrag geleistet, der schlechterdings geschichtsträchtig ist. Der Bayrische Rundfunk und die HSS waren von Anfang an dabei.
Die Sache ist allerdings gefährdet. Sie nicht aus der Gefahrenzone bringen zu können, wäre eine kulturelle Katastrophe. Es gibt ja nichts Vergleichbares hierzulande. Das von Peter Rohland, dem leider schon 1966 verstorbenen Musikwissenschaftler und Sänger ins Leben gerufene Festival auf der Burg Waldeck ist seit 1969 nicht wiederbelebbar gewesen. Das Festival des politischen Liedes siecht dahin. Das Paradiesvogelfest auf dem Schlossgelände in Weitersroda hat eine ganz andere Dimension und wohl auch eine andere Zielsetzung. Ein Liederfestival, der Qualität also, die Banz aufweist, darf nicht sterben, weil dann nichts mehr lebt.
Es wird eine notwendige Anstrengung aller erfordern, es am Leben zu halten. Der Freistaat und seine Institutionen sind – finanziell, nicht inhaltlich – ebenso gefordert, wie die Hanns-Seidel-Stiftung, der BR, vielleicht die ganze ARD mit ihren Sendeanstalten, der Bezirk und natürlich die Stadt.
Was sich hier an Bürgersinn und Bürgerkultur, in bester Denkungsart, offenbart, muss erhalten bleiben. Und sich entwickeln. Und immer wieder neu konzeptioniert werden.
Wikiartikel zu den Teilnehmern