Der renommierte, über die Grenzen des Landes hinaus wichtige Verlag Stroemfeld hat Insolvenz angemeldet. KD Wolf, der Verleger, war ein Stein in der Literaturbrandung. Unter seiner Regie wurden die wichtigen Reihen deutschsprachiger Klassiker herausgegeben. Es ist eine Schande für Deutschland, dass der Verlag ohne eine helfende staatliche Hand zugrunde gehen wird, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.

Aber die Insolvenz dieses besonderen Verlagsjuwels schärft vielleicht den Blick auf die Situation der Branche ingesamt.

Denn man muss sich fragen, ob das grundsätzliche Konzept noch funktioniert. Verlag kommt von Vorlegen. Der Verleger legt vor, zahlt also Lektorat, Korrektorat, Druck, Werbung, Vertrieb und hofft auf einen Return, der die Kosten wieder hineinspielt. Das ging, mit vielen, vielen Einschränkungen so bis in die Neunziger, vielleicht auch noch bis zum Jahrtausendwechsel. Einschränkungen deshalb, weil ja auch vorher schon renommierte Verlage, wie der Verlag am Galgenberg, insolvent wurden.
Ich glaube das nicht. Ich werde deshalb aus dem Kulturmaschinen Verlag in aller gebotenen Ruhe einen Verlag der Autor*innen formen, der von einem Autor*innen-Verein getragen wird. Das verteilt das Risiko sowohl auf mehre Schultern, als auch initial auf die Person, um deren Veröffentlichung es im konkreten Einzelfall geht.

 
Das Verlagssterben (Dittrich Verlag ist perdu, Stromfeld nun auch, Tisch5 schon zu vor) wird weiter gehen. Es wird auch mittlere und große Verlage betreffen, sofern die Buchproduktion nicht selbst Marketing ist (z.B. bei Medienhäusern mit Fernseh- und Netzserien).

Auch die Reduzierung der Kosten (durch die verlagsseitige Inanspruchnahme von POD [KNV] oder BOD [Libri]) im Herstellungsbereich erhöht ja nicht die Umsätze. Ein Buch mit einer verkauften Auflage von 500 Exemplare, was für kleinere, zunehmend aber auch für mittlere Verlage eine realistische Durchschnittsgröße ist, trägt ja nicht zur Erholung des Betriebsergebnisses bei, weil die Personalkosten, die Kosten für Lektorat und Werbung ja bleiben.
Diese Kosten sind unabhängig vom Trägermedium des Buches. Ob E-Book, Hörbuch oder gedrucktes Buch: Der Text muss professionell bearbeitet werden, semantisch (Lektor) und grammatikalisch (Korrektor). Es muss, mit Ausnahme der Hörbücher, gesetzt werden, Grafiken braucht es, Bekanntmachung.
Mit dem Sterben der Verlage geht das Sterben der Buchhandlungen Hand in Hand. Und dabei wird es nicht bleiben. Wer braucht Verlagsauslieferungen, bislang ein unabdingbares Muss im Verlagswesen, wenn man Bücher als Dateien hinterlegt, die von den Grossisten bei Bedarf, also bei Bestellung, an den Buchhandel gesandt werden? Wer wird die Verlagsvertreter bezahlen, die vor Saisonbeginn von Buchhändler zu Buchhändler reisen, um die neue Produktion vorzustellen, wenn der Absatz so einbricht und die Strukturen sich so verändern, wie ich es für die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre prophezeie?

Uns stehen dramatische Veränderungen bevor. Aber wir können auf die Literatur nicht verzichten, und wollen es auch nicht. So wenig wie auf die Musik. Dort ist der Prozess schon viel weiter. Vor ein paar Tagen berichtete ein Weltstar der Popmusik (leider weiß ich nicht mehr wer es war), dass er seit 2005 an Downloads 2500 Dollar verdient hätte. Er verdient durch Auftritte mehr, als durch Verkäufe.

Verlage werden Dienstleister für Autor*innen werden und das unternehmerische Risiko wird auf den Autor*innen lasten. Vermutlich wird die von mir für die Kulturmaschinen angestrebte Vereinslösung eines jener Modelle sein, die in Zukunft greifen werden. Andere sind auch denkbar: Stille Gesellschafter, Genossenschaften von Schreibenden, die eigene Verlage betreiben, Verlage, die quasi als Renommeegeber und Fullserviceagenturen arbeiten.

Das ist alles nicht neu. Denn die gut sechshundert Jahre, die das Verlagswesen so war, wie es war, waren gemessen an der zuvor schon eintausendfünfhundert Jahre alten Geschichte des Verlagswesens ein kurzer Zeitraum. Verlage gab es im antiken Rom schon. Sie waren Dienstleister, bezahlt von Mäzenen und den Schriftstellern. Wie kehren zurück auf Start.

Zum Bericht der Frankfurter Rundschau