",,. und man geht auch nicht im Sexual Fantasy Outfit auf eine Beerdigung."

 

 

 

Kollege Otte vom SWR glaubt nicht mehr recht an die Literatur und ihre Veranstaltungen. Deshalb sollen die Jungs und Mädels im Fantasy Outfit nicht mehr kommen. Man geht so nicht, stellt er fest, auf eine Beerdigung.

 

 

 

Otte irrt in allem. Ob er sich auch bei der Bewertung literarischer Werke vorwiegend irrt, weiß ich nicht, ich höre SWR nicht. Aber in seinen Einlassungen irrt er dramatisch. Denn wenn es richtig wäre, dass die verkleideten jungen Leute vor der Tür bleiben müssten, weil es auf der Buchmesse (auch) um Folter, Krieg und Tod geht, dann müsste man auch all die schreckliche Literatur vor der Tür lassen, die die gute Literatur zu diesem Thema durch ihre Anwesenheit veralbert: Das falsche Mittelalter in Romanen, die nach Gewicht verkauft werden, jedenfalls sind die Schinken dick wie Backsteine, die schrecklichen Scheiß-in-Grau-Derivate, die rechtsradikalen Postillen, die Sekten, die sich mit Ständen präsentieren.

 

Mir jedenfalls sind lebende Mangas lieber als lebende Faschisten und Cosplayer lieber als Sektenprediger. Herr Otte sieht das offenbar anders. Er erschrickt sich weniger vor den Aufrufen die Demokratie abzuschaffen und den völkischen Blut-und-Boden-Staat einzuführen, als vor den "pseudo-pornografischen" Posen der Kostümierten (was das ist, wird er vermutlich besser wissen, als ich).
 
Nun mag ja richtig sein, dass die Fraktion der Grauen Literaturbetriebsangehörigen und der Cordhosenträger sich wenig am Bunten erfreuen können. Für alle anderen aber gilt, und ich habe das in den vergangenen Jahren in vielen Gesprächen immer wieder gehört, dass sich die Verlage freuen über die Nachwuchsarbeit, die die Messe hier leistet. Und da sollte sie sich nicht von einem Herrn Otte reinottern lassen.
 

 

Sehr schön zeigt das den Niedergang des Feuilletons: Aufs Kostüm wird mehr geachtet, als auf den Inhalt. Vielleicht sollten Suhrkamp Verlag und Kulturmaschinen auf der nächsten Messe nackte Servicekräfte auftreten lassen. Ich hätte gerne Wolfgang Wendland. Ich zahl auch das Bier.