Ich mag den Politiker Ole von Beust nicht. Wen wundert’s? Uns verbindet nichts, jedenfalls nichts, von dem ich wüsste. Ich habe mich über ihn geärgert, zum Beispiel wegen der Elbphilharmonie. Ich habe seine Koalition mit der rechtslastigen Schillpartei verachtet. Das ist das Eine.
Das Andere ist der Mensch von Beust, den ich nicht kenne, mit dem ich vielleicht die Begeisterung für den einen oder anderen Schriftsteller gemein hätte oder auch die eine oder andere Sicht auf jenen Teil des Lebens, der nicht vorrangig politisch ist. Und dieser Mensch Mitte Fünfzig, heiratet nun seinen zweiundzwanzigjährigen Partner. Die Kommentarseiten – diese öffentlichen Kloaken privater Notdurft – der online-Zeitungen sind nur gelinde gefüllt mit Häme, Küchenweisheiten und der gebetsmühlenartigen Wiederholung, dass eine Eingetragene Lebensgemeinschaft keine Ehe sei. Das ist natürlich aus jedem Blickwinkel, der nicht juristisch ist, Quatsch.
Ein kleiner Kübel Dreck also lediglich. Die mindere Boshaftigkeit sollte jedoch nicht Anlass für die Hoffnung geben, jene Teile der Bevölkerung, die mit ihrer ewig gestrigen Weltsicht auch die sind, die in Russland und Polen Schwule verprügeln oder in Frankreich auf die Straße gegangen sind, wären hierzulande weniger geworden. Und es mag auch sein, dass jene, die gerne Kübel von Dreck über ihren Mitmenschen ausschütten sich noch sammeln müssen – die Meldung ist recht neu.
Erwachsene Menschen dürfen heiraten. Man kann dagegen sein. Man darf großen Altersunterschied ablehnen. Aber man darf all das jedoch nicht, wenn es bestimmte Menschen betrifft. Man darf es nicht, weil es Ole von Beust ist. Man darf es nicht, weil er homosexuell ist. Man darf es auch nicht in Hinblick auf die Pension, die von Beust für seine Tätigkeit als Erster Bürgermeister und Abgeordneter bekommt. Man darf das Alterssalär grundsätzlich in Frage stellen, aber nicht, weil jemand einen jüngeren Partner hat oder gar, weil er homosexuell ist.
Als ich vor vielen, vielen Jahren Zivildienst machte, bei einer Kirchengemeinde übrigens, mit deren Pfarrer ich mich beständig und lehrreich über Luther und Müntzer stritt, betreute ich einen fünfundneunzigjährigen Mann. Seine Frau war einundsiebzig, mithin also vierundzwanzig Jahre jünger. Sie hatten geheiratet, als die Frau achtzehn und der Mann zweiundvierzig war. Sie liebten sich noch immer. Alter ist eine irrelevante Größe. Eine Einsicht übrigens, die mir schon mit zwanzig kam. Bei Ansicht dieser Ehe nämlich.
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