Es wird nun jenen, die den Angriff auf syrische Einrichtung für falsch, völkerrechtswidrig und auch nicht durch Fakten untermauert ansehen vorgeworfen, sie wären Verschwörungstheoretiker. Der gleiche Vorwurf trifft jene, auch mich, die einen vollkommenen Beweismangel bei der Skripalaffäre bedauern.
Dazu möchte ich anmerken:

Es waren die USA, Großbritannien und Frankreich, die sowohl den ersten Golfkrieg herbeigelogen haben (Gräueltaten irakischer Soldaten in kuwaitischen Geburtskliniken), als auch den zweiten (Massenvernichtungswaffenlüge). Sie haben, insbesondere Frankreich, Libyen zu einem Gebiet voller Gewalt, Armut, Staatslosigkeit und Bürgerkrieg gemacht. Großbritannien ist nach rechts gekippt, in der Regierung ist eine Partei, die aus einer rassistischen rechtsradikalen Bewegung entstanden ist. Das Land hat eigene Staatsbürger ausgewiesen, weil sie nicht britisch aussahen (voriges Jahr). In Frankreich regiert ein neoliberaler Präsident. Es ist ein Hintertreppenwitz jene, die diesen Regierungen nicht glauben wollen, als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen. Die Verschwörungstheoretiker und die Verschwörungspraktiker sitzen in just jenen Regierungen. Seit Jahrzehnten planen diese Regierungen Verschwörung um Verschwörung. Ohne Bruch, ohne die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, haben die Regierungen dieser Staaten Demokratien in Diktaturen verwandelt, Kriege vom Zaun gebrochen, Menschen in aller Welt eliminiert. Sie dulden Rassismus (USA und Großbritannien), sie unterhalten irreguläre Armeen (Frankreich mit der Fremdenlegion). Sie haben Präsidenten, die von einer Minderheit der Wahlberechtigten gewählt wurden (USA).

Die Skepsis diesen Akteuren gegenüber ist keine Haltung aus dem breiten Spektrum der Verschwörungstheorien. Der Glaube allerdings, die die ständig lügen, würden nun wahr sprechen, ist eine schrecklich überflüssige Naivität.

De facto haben die USA, Frankreich und Großbritannien den Sicherheitsrat – erklärterweise – beerdigt. Noch nie zuvor, ist ein völkerrechtswidriger Angriff auf einen Staat mit der Begründung geführt worden, das Gremium hätte nach seiner Satzung korrekt gehandelt. Denn natürlich ist das Vetorecht im Sicherheitsrat ein bewusst gewählter Mechanismus der Sicherheit. Es soll verhindern, dass aufgrund von Mehrheitsentscheidungen ein großes Krieg ausbricht, weil eine der Supermächte durch die anderen unter militärischen Druck gerät. Das Vetoverfahren wahrte bislang den Frieden. Nun ist es obsolet. Und das bedeutet, in zukünftigen Konflikten wird der Angriff freigestellt, wenn der Sicherheitsrat durch einen Vetostaat blockiert wird. Das ist der Weg in den dritten Weltkrieg.

Die syrische Situation ist nicht allein Assad anzulasten, sowenig, wie der Zustand des ehemaligen Staates Libyen Gaddafi anzulasten wäre. Sicher ist: Beide Diktatoren haben brutal, mit Mord und Folter, die Meinungsfreiheit unterdrückt. Zugleich waren beide Länder Staaten mit einer für die Region weitgehenden Gleichberechtigung der Frauen, mit sozialen Leistungen, funktionierender Infrastruktur. Nun sind beide Staaten zerstört. In Syrien ist die alte Diktatur an der Macht. In Libyen ist eine Diktatur durch mehrere Diktaturen ersetzt worden, die allesamt die Gewaltherrschaft Gaddafis in den Schatten stellen. In den Gebieten, in denen in Syrien die sogenannten Rebellen regieren gibt es keine Freiheitsrechte für Frauen mehr. Die Ausnahme dabei bilden die kurdischen Gebiete. Aber die Kurden sind regionale Akteure in eigenem Interesse. Rebellen gegen die Regierung Assad sind sie nicht. Alle Rebellengruppen sind islamistisch, fundamentalistisch und Feinde jeder Demokratie. Sie sind deshalb erstarkt, weil, insbesondere, die USA Rebellen nach dem Gießkannenprinzip finanziert haben.

In Syrien stehen die USA und ihre Verbündeten in Konkurrenz zu Russland und seinen Verbündeten. Die wankelmütige Türkei hält (noch) mit beiden Parteien Händchen. Ihr Ziel aber ist die Expansion der Türkei auf syrisches Staatsgebiet. Kein Akteur arbeitet mit demokratischen Gruppen zusammen, wenn man von einer taktischen Zusammenarbeit der USA mit den kurdischen Kampfeinheiten gegen den IS absieht. Russland hat ganz offensichtlich mit der Türkei eine Übereinkunft, die der Türkei freie Hand gegen die Kurden lässt. Das war nicht anders zu erwarten, weil Russland die Nato schwächen will. Ein Wechsel der Türkei an die Seite Russlands wäre eine sehr bedeutsame Schwächung.
Keinem Beteiligten darf man trauen. Alle lügen. Und niemand will eine Demokratie. Alle nehmen auch Kriegsverbrechen in Kauf. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Syrien nicht der einzige Kriegsherd in der Region ist. Mit der Unterstützung durch Nato-Staaten begeht Saudi-Arabien massive Kriegsverbrechen im Jemen.

 

Foto: Ibrahem Qasim, Wikipedia, CC LA 3