Es sieht schlecht aus um die Lage der herrschenden Politik in Deutschland. Die CDU lässt sich von einer vollkommen ver- und zerstörten CSU am Nasenring durch den Wahlkampfzirkus in Bayern und Hessen zerren. Die SPD verteidigt ihre Strandburg vor den bösen Buben des Innenministeriums durch mutwillige Selbstzerstörung. Und DIE LINKE verpasst die Schaffung einer Basisbewegung aus ihren Kreisorganisationen heraus, die ja sozusagen Tür an Tür mit den Kreisen und Gruppen der SPD wohnen und in denen es zig Gewerkschafter gibt. Das ist nachholbar. Und wenn die Basis der LINKEN endlich aufsteht, setzt sich Aufstehen auf den Arsch. Denn das sind keine virtuellen Working Class Heros, sondern Leute die eh schon jeden Tag ihre Arbeit für linke Politik leisten. Sie müssen nur in ihrem Herzen und Handeln auch DIE LINKE mitnehmen und auf den Gewerkschaftssitzungen, in den Bürgerinitiativen und sonstwo auspacken. Ich rate der LINKEN sehr, den Spruch, der nicht nur ein Spruch ist, anzunehmen: Wo eine Genossin oder ein Genosse ist, ist die Partei. Da muss man sich dann schon bekennen.
Einzig die Grünen, die sowohl der CDU, als auch der CSU liberales bürgerliches Erbteil übernehmen und schon den Hausrat der siechen FDP nach Hause schaffen, gewinnen. Und die AfD schaufelt jenen Bodensatz an Rechtsradikalen und Rassisten, Deutschtümlern und Anhänger politischen Eichenfuniers auf ihre Scholle, der bislang halt so in der Gegend herumgewählt hat und auf einen Führer wartete.
Ein Teil davon hat, man sieht es deutlich in den Umfragen, zuvor die CSU gewählt, anderenorts die CDU, aber auch SPD und selbst Linke, letztere wohl aus Gründen einer gewissen geistigen Plattenbaunostalgie und der klammheimlichen Freude an Obrigkeitsstaatlichkeit. Aber im Grunde war die Klientel der AfD immer schon in der Bundesrepublik, wohl zu einem kleineren Teil auch in der späten DDR und nun im vereinigten Deutschland vorhanden. „Brandt an die Wand“ war immerhin ein Slogan, der zur Zeit der Ostverträge nicht nur von einer Handvoll Krakeeler skandiert wurde: Die Demonstrationen der Rechtsradikalen waren auch damals schon groß. Ende der Sechziger wäre die NPD beinahe in den Bundestag eingezogen, in den Landesparlamenten saß sie schon. Man sollte zwar durchaus konstatieren, dass die Raubtiergehege von CDU und CSU und die Gummizellen von SPD und DIE LINKE nicht mehr richtig schließen und sich die Insassen selbstständig gemacht haben, aber die sind keine neue Spezies. Sie haben nunmehr nur ihre eigene Organisation. Sie sind nicht mehr gebändigt. Neu entstanden sind sie nicht.
Vermehrt werden diese zehn bis fünfzehn Prozent ewiger politischer Bodensatz durch berechtigt verzweifelte Bürger*innen, denen die Politik der SPD und dann der Großen und Kleinen Koalitionen die Margarine vom Billigbrot genommen hat. Die Hartz-IV-Opfer schlagen vor Lebensschmerz um sich. Und nicht nur ich verstehe, dass sie es tun. Es ist trotzdem falsch. In Österreich können sich diese wirklich Armen ansehen, was geschieht, wenn man Rechtsradikale wählt: Es wird noch mehr gekürzt und drangsaliert.
Jetzt also müsste die CDU der CSU die Kette aus der Hand schlagen, mit der diese sie durch die Manege zieht. Die CSU kann in der Regierung auch von den Grünen ersetzt werden. Das würde, wenn man den nach rechts schaukelnden Kindsköppen in der Union die Lage nahe bringen könnte, dazu führen, dass sich sowohl die CDU als auch die SPD erholen könnten. Und Erholung ist dringend nötig. Die SPD muss sich Andrea Nahles als Vorsitzende entledigen und einen großen Teil des politischen Führungspersonals außer Dienst stellen. Nahles, die Florence Foster Jenkins der deutschen Sozialdemokratie, zersägt mit schriller Stimme die alte Partei der Arbeiterbewegung. Das muss die SPD um ihrer selbst willen stoppen. Meinethalben auch mit Olaf Scholz. Alles ist besser als Nahles und ihre stetige politischen Dämlichkeiten.
Die CSU sollte sich auf das Bundesgebiet, die CDU nach Bayern ausdehnen. Eine rechtspopulistische Partei wie die CSU könnte den Rechtsradikalen ein paar Stimmen abjagen, die CDU in Bayern würde den wirklich Wertkonservativen eine gute Alternative bieten.
DIE LINKE muss sich auf ihre Herkunft besinnen. Die Partei stammt gleich doppelt und dreifach aus der Arbeiterbewegung. Im Westen aus der WASG, die quasi aus der SPD und den Gewerkschaften stammt, im Osten aus der SED, die aus der SPD und der KPD stammt. Alles ist Fleisch vom Fleische der Arbeiterbewegung. Die Tradition der Arbeiterbewegung besteht übrigens auch darin, die Anmerkung ist tagespolitisch wichtig, dass Funktionäre mit ihren Organisationen ausgiebig, umfangreich, tiefgehend (und vor allem zuallererst) kommunizieren, bevor sie ihre Ideen in die Öffentlichkeit bringen. Das gilt bei DIE LINKE zwar für die beiden Bundesvorsitzenden, für die Fraktionsvorsitzende jedoch offenbar nicht. Es ist der LINKEN zu wünschen, dass sie auch im Parlament einer klare, stringente und an den guten Traditionen ausgerichtete Politik betreibt. Denn sie wird, die Koalition kann ja jeden Moment perdu sein, eine Genossin als Spitzenkandidatin brauchen, auf welche Verlass ist. Und die muss erst noch aufgebaut werden, denn sie ist ja nicht da.
Was wir erleben, das sind Anpassungsstrudel der kapitalistischen Entwicklung. Es hat mit der Globalisierung zu tun, die es allerdings immer schon gab, und die sich nun umfassender und tiefer darstellt, weil das durch die Technologie befördert wird. Es ist eine Auseinandersetzung der alten Konzepte (unabhängig davon ob es linke oder rechte sind) gegen Konzepte, die sich der globalen Realität stellen (und in ihrer Wirkung entweder der Arbeiterklasse dienen oder der Profitvermehrung, die also in Akzeptanz der globalen Entwicklungstufe Klassenpolitik betreiben und nicht in der Annahme es gäbe noch einen Status Quo, der real schon der Schnee vom vergangenen Jahr ist).
Die Koalition, zerbrechlich wie sie mit der an der eigenen Illusion der immerwährenden Stärke verrückt gewordenen CSU nun einmal ist, braucht einerseits klare Ansagen durch die Kanzlerin und die SPD, die, ich schrieb es schon, dazu eine andere Führung benötigt, andererseits müssen die vernunftbegabten Kräfte aus CDU (die CSU hat keine in Berlin, da hat Söder Recht: Was die CSU angeht, ist Berlin die Resterampe) und SPD die Koalition zusammenhalten. Klare Haltelinien in der CDU ist die Gefahr immens, dass die Rechten sich dort durchsetzen und dann mit den Rechtsradikalen eine Koalition eingehen. Und klar ist dabei auch: Der nationalsozialistische Flügel um Höcke wird immer stärker in der AfD. Es muss verhindert werden, dass diese Leute die Macht übertragen bekommen, wie Anno 1933. Auch wenn es weh tut. Die Stärke der SPD ist dabei von entscheidender Bedeutung solange die LINKE nicht dir Rolle der SPD übernehmen kann. Und das wird sie auf absehbare Zeit nicht können. Nur mit einer Starken SPD ist eine gesellschaftliche Linksentwicklung möglich. Das geht mit dem, was Gerhard Schröder unter sich gelassen hat nicht. Druck von Außen ist nötig. Dazu braucht es die LINKE und die Gewerkschaften.
Von den Gewerkschaften ist deshalb klare Kante gegen Rechts zu fordern. Sie müssen sich zu Unvereinbarkeitsbeschlüssen durchringen. Der Gedanke der Einheitsgewerkschaft schließt Rechtsradikale aus und nicht ein. Zudem müssen die Gewerkschaften endlich ihre Muskeln gegen Leiharbeit, für anständige Mindestlöhne, für eine Ausweitung der Demokratie in den Betrieben und eine Politik gegen Altersarmut spielen lassen. Sozialpartnerschaft ist eine Illusion. Das dürfte doch angesichts der verarmenden Bevölkerungskreise klar sein. Die Gewerkschaften müssen sich das Recht zum Generalstreik und auch zum politischen Streik erkämpfen. Beide Rechte durch eigenständiges Handeln in die Wirklichkeit zu befördern, braucht aber eine kämpferische Grundstimmung von den Vorständen bis in die Betriebsräte.