Wir dokumentieren nachfolgend die Positionierung des Deutschen Kulturrates zur gendergerechten Sprache

8. Oktober 2025 Kulturrat_Logo_72dpi-01

Positionen

Vielfalt in der Sprache schützen und fördern

Resolution des Deutschen Kulturrates zu geschlechtergerechter Sprache

Berlin, den 24.05.2025. Die Bundesrepublik Deutschland ist vor 20 Jahren mit der Ratifizierung der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (Konvention Kulturelle Vielfalt) die Verpflichtung eingegangen, kulturelle Vielfalt zu schützen und weiterzuentwickeln. Anlässlich dieses Jubiläums unterstreicht der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände[1], dass Kulturpolitik und Kulturförderung in Kommunen, Ländern und dem Bund daran gemessen werden, ob sie den Grundsätzen dieser UNESCO-Konvention gerecht werden.

 

Zur kulturellen Vielfalt zählt die sprachliche Vielfalt. Hierzu gehören in Deutschland unter anderem Minderheitensprachen, wie z. B. das Friesische, das Sorbische, Dialekte, wie z. B. Bairisch, die Deutsche Gebärdensprache, leichte Sprache und geschlechtergerechte Sprache. Die sprachliche Vielfalt ist eine Möglichkeit, um die Bevölkerung in ihrer Vielfalt abzubilden und zu erreichen.

 

Kunst-, Kultur- und Medienschaffende, Beschäftigte in Kultureinrichtungen und bei Medienanbietern, bürgerschaftlich Engagierte in Kulturvereinen eint, dass sie möglichst viele Menschen erreichen wollen. Diversität hinsichtlich der Beschäftigten, den Angeboten und der Zielgruppen ist handlungsleitend, wird in entsprechenden Leitbildern festgelegt und gehört zu internationalen Vereinbarungen über das Grundverständnis von Kultureinrichtungen.

 

Mit Blick auf die Sprache hat sich insbesondere in der jüngeren Generation geschlechtergerechte Sprache vielfach etabliert. In anderen Generationen ist die geschlechtergerechte Sprache teilweise ungewohnt, wenig vertraut und löst Unbehagen aus. Ein Blick in die ältere und jüngere Sprachgeschichte belegt aber, dass dies keineswegs ungewöhnlich ist. Der Streit um Wörter und Sprachkonventionen ist ein Kennzeichen öffentlicher Debatten, politischer Diskurse und ein Qualitätsmerkmal für funktionierende Demokratien. Maßnahmen zur Auflösung des strittigen Themas unterdrücken gesellschaftliche Diskussionen und Verständigungsprozesse.

 

Für die öffentliche Verwaltung, einschließlich Rechtspflege, und Schulen empfiehlt der Rat für deutsche Rechtschreibung, das von ihm herausgegebene „Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtsschreibung“ (2024) im deutschsprachigen Sprachraum anzuwenden. Seine Anwendung muss durch Behördenbeschluss in Kraft gesetzt werden. Dieses Regelwerk sieht aktuell Formen geschlechtergerechter Schreibung wie Binnen-I, -Unterstrich oder -Sternchen nicht vor.

 

Das Regelwerk ist ausdrücklich nicht bindend für belletristische Werke. Hier gilt die Kunstfreiheit. Zur Anwendung des genannten Regelwerks in anderen künstlerischen Werken, in Kultureinrichtungen, in Kulturvereinen oder in Medien hat sich der Rat für deutsche Rechtschreibung nicht positioniert.

 

  • Der Deutsche Kulturrat betont daher: Weder bestand in der Vergangenheit noch existiert aktuell ein Gebot, geschlechtergerechte Sprache im Kulturbereich zu verwenden. Ihr Gebrauch oder Nicht-Gebrauch ist eine freie Entscheidung der betreffenden Institutionen und Personen.
  • Der Deutsche Kulturrat bekräftigt: Aufgrund der grundgesetzlich garantierten Medien- und Kunstfreiheit kann und darf es kein Verbot geschlechtergerechter Sprache in Kunst, Kultur und Medien geben.
  • Der Deutsche Kulturrat ruft in Erinnerung: Eine öffentliche Förderung von Kunst, Kultur und Medien konstruiert keinen öffentlichen Auftrag. Kunst-, Kultur- und Medienschaffende sind ihrem Werk, Kultureinrichtungen ihrem fachlichen Auftrag, Medienunternehmen der Presse- und Rundfunkfreiheit und Kulturvereine ihren satzungsgemäßen Zielen verpflichtet. Dies ist Maßstab und Richtschnur ihrer Arbeit.
  • Der Deutsche Kulturrat unterstreicht: Weder die Anwendung noch die Ablehnung geschlechtergerechter Sprache darf Einfluss auf die individuelle und projektbezogene Kunstförderung oder die finanzielle Unterstützung von Institutionen haben.

 

[1] Mitglieder des Deutschen Kulturrates sind der Deutsche Musikrat, der Rat für darstellende Kunst und Tanz, die Deutsche Literaturkonferenz, der Deutsche Kunstrat, der Rat für Baukultur und Denkmalkultur, der Deutsche Designtag, der Deutsche Medienrat, der Rat für Soziokultur und kulturelle Bildung und der Deutsche Fotorat. Diesen Mitgliedern gehören wiederum 285 Bundeskulturverbände und -organisationen an. Sie vertreten die gesamte Breite des Kulturbereiches.