Der Wellenreiter
„Albert Schwingenholtz war jetzt fünfzehn Jahre alt, und er las jetzt die richtigen Bücher. Damit begann wohl etwas.“ Mit diesen Worten beginnt Dirk Knipphals seinen Debütroman „Der Wellenreiter“, einen Roman über das Erwachsenenwerden in den 70er Jahren der Bundesrepublik. Einfühlsam und direkt schreibt der Literaturredakteur der Tageszeitung taz seine Geschichte – mit dem einen oder anderen Debütantenmakel. Anfangs zieht der Roman in seinen Bann, teilweise fühlt man sich an seine eigene Jugend erinnert, als man selber begann – wie der Protagonist – Kafka zu lesen und einen gewissen Stolz dabei verspürte. „Bei Kafkas ‚Amerika‘ war es nicht anders gewesen, dabei hatte er beinahe ängstlich angefangen, das Buch zu lesen, weil er gehört hatte, dass Kafka schwer zu verstehen war und man sich sehr anstrengen musste, um sein Genie zu begreifen.“ Ähnlich verhält es sich sicherlich mit anderen Situationen, die ich als Kind der 80er auch noch nachvollziehen kann. Es geht um existenzielle Erfahrungen der (rebellischen) Jugend – frei sein, anders sein, seinen Weg finden. Auf das Gefühl von Freiheit spielt so auch der Titel des Buches an. Bertis bester Freund ist Surfer und erklärt: „Man kann frei sein auf den Wellen.“ Ein anderes Thema ist natürlich auch die Liebe – hier die Liebe zur Rebellischen Katrin, mit der u.a. sein erstes Punkkonzert besucht. Sie ist ein bisschen das Klischee mit einer Umhängetasche mit Hanfblatt (was das nicht eher ein Ding der 90er?), Zigaretten rauchend und Lederbändern um die Fußknöchel. Man ist es dann doch etwas zu klischeehaft – stotternder Bücherwurm verliebt sich sich in ein Mädchen mit den klassischen links-alternativen Klischees. Bücher spielen allgemein eine große Rolle – sei es in Form von teilweise ermüdenden Namedropping bis hin zu der nett-beschriebenen Szene, wo sich Berti Gedanken macht, welches Buch bei sich im Bücherschrank stehen sollte und welches als Kinderbuch aussortiert gehört.
Leider bricht im letzten Drittel des Romans der Spannungsbogen. Knipphals gelingt es nicht, den/die Leser/in bis zum Schluß zu fesseln. Das Buch beginnt sehr stark, läßt dann aber leider qualitativ nach. Brotzle, wie man im Anderthalischen für trotzdem sagt, ist es eine kurzweilige Lektüre.
Dirk Knipphals: Der Wellenreiter, Rowohlt Berlin 2018, 352 S., ISBN: 978-3-73710020-5, Preis: 22 €.