Blutfluss72Verbrechen lohnt sich, fragt sich nur für wen

Ich möchte an Ihr Herz! Ich möchte Ihnen dort etwas nahelegen. Ein Buch, dass ich nie gelesen hätte, hätte der Autor mich nicht gebeten, einen Blick hineinzuwerfen. Der Blick hat einige Stunden gedauert. Dann verfluchte ich das Buch. Es hörte auf. Das war ein unfreundlicher Zug von ihm.

Es handelt sich um einen Krimi. Um was es geht, kryptisch genug darlegt, so dass sie es noch lesen müssen, sagt der Klappentext, den ich einfach übernehme: „Am Ufer eines Flusses findet man die Leiche eines Jungen: Das jüngste Opfer eines Serienmörders, der seit Monaten Angst verbreitet. Die örtliche Polizei ist überfordert, zumal sich der Polizeichef nicht nur mit diesen Morden herumschlagen muss, sondern auch mit seinem ‚Thronfolger‘ Martin Oliver. Und während der Krimiautor Tom Torn an seinem neuen Roman arbeitet, haben alle nur eine Forderung: Die Spirale der Gewalt weiter anzuziehen.“

Mir kommt es auf den Autor und seine Sprache an. Da kann nämlich einer – und das ist selten, glauben Sie mir – über das normale Maß, über die allgemeine Mittelmäßigkeit hinaus schreiben. Mit Sätzen, mit Wörtern, die immer der Situation angemessen sind, die in die Geschichte hineinziehen.

Der Schuss zerfetzte sein Gesicht. Der Kopf wippte aufgeregt hin und her. Als könnte er sich nicht zwischen Zustimmung und Ablehnung entscheiden. Fleischbrocken flogen in alle Richtungen. Der Rest des ehemaligen Gesichts war kaum noch zu indentifizieren. Eingedrückt. Nur noch Reste von Knochen, Fleisch, Knorpel und Haut. Das war kein Gesicht mehr. Das war ein blutiger Brei.“ So schreibt Guido Rohm und auch so: „Und dann verfiel Pat wieder einmal auf die sonderbare Idee, in den Stall zu gehen, sein Pferd zu erschießen und sich aufzuhängen. Dieser Idee hing er in letzter Zeit immer öfter nach. Wurde förmlich zu einer Mani. Zu einem Zwang. Manchmal konnte er sich kaum dagegen wehren. Spürte die Kraft in seinen Beinen und den ernsthaften Willen es zu tun.“

Mit dieser ungeheuren Konzentration auf das Wesentliche von Situationen, mit dieser gebündelten Sprachkraft schafft es Guido Rohm jede gefährliche Klippe von Länge und Langeweile zu umschiffen. Da ist nichts zu viel – und was noch schlimmer wäre: da ist nichts zu wenig.

Guido Rohm ist ein guter, ein großartiger Autor, und wenn er weiter schreibt mit dieser Stärke, dann wird er einer der großen deutschsprachigen Schriftsteller werden. Einer der einen Krimi schreiben kann und dabei kein Genrebuch abliefert, sondern Literatur, gute Literatur. Kaufen Sie sich das Buch. Und achten Sie auf den Autor. Man wird noch von ihm hören. Ach, was! Man muss noch von ihm hören. Die deutschsprachige Literatur braucht ihn.

Blut ist ein Fluss – Seeling Verlag

ISBN: 978-3-938973-12-7
198 Seiten, 13 x 20 cm
Broschur
Preis: 12.- Euro (D)