Eine Frau, die die Wörter liebt
Jutta Schubert, die eine der großen Schriftstellerin zu sein hätte, wäre der Literaturmarkt in Ordnung und die Rezensenten nicht mit den Lebenserinnerung von B-Prominenten, der Rezension immer gleicher Kanon-Autoren und sich selbst beschäftigt, hat einen Kurzgeschichtenband veröffentlicht.
Im verdienstvollen Dielmann-Verlag ist der Band erschienen und man darf hoffen, es wird gelingen, das Buch hier und da in der Presse und weiträumig im Netz zu promoten. Nicht nur das Buch, nicht nur die grandiose, wortgewaltige und schöngestaltige Prosa Jutta Schuberts hätte es verdient vielbeachtet zu sein, nein die Leserinnen und Leser haben solche Lektüre verdient. Sie ist rar, sie kommt unter die Räder von Studiengängen an Instituten und Universtäten, die sich „Creative Writing“ oder ähnlich nennen und aus der wogenden See der Literatur einen stillen Bergsee machen wollen.
Dagegen Schubert: Sprache mit Falltüren, Wörter, die genau passen, eine Dramaturgie die Spannung erzeugt und eine stets passende Komprimierung von Abläufen, die „Längen“ entgegenwirkt. Schubert ist, in Sprache und Gestalt ihrer Werke, eine Schriftstellerin, die in den Kanon jener aufgenommen gehört, die das Fundament der deutschsprachigen Literatur bilden.
Der Band „Die Nacht mit Marilyn“, kartoniert mit Schutzumschlag, erzählt vom Sein, vielleicht von Liebe, vielleicht von Verlust. Ganz sicher aber von Einsamkeiten, jenen Kreisfahrten um das eigene Ich, die ungewollt sind und doch nicht unterlassbar. Da ist immer Abreise. Alle ihre Geschichten schmerzen und verlangen doch danach, weiter und wieder gelesen zu werden. Was man beim ersten Lesen entdeckte, vervollständigt sich beim zweiten Lesen, zeigt neue Nuancen und erlaubt einen noch tieferen Blick. Es ist immer Werther in diesen Geschichten und immer glänzende Tristesse.
Damit auch knüpft sie an die große deutschsprachige Literatur an, aber eben nicht nur an sie. Da ist jene Entferntheit von den anderen zu spüren, die sich auch bei Bukowski findet (auch wenn beider Komposition und Sprache nichts miteinander zu tun haben). Da ist aber auch der träumerische Realismus Steinbecks zu spüren. Im besten Sinne ist Jutta Schubert eine Autorin also, die zwar in deutscher Sprache schreibt, aber nicht deutsch, sondern literarisch.
Es ist eine Sache der Unmöglichkeit einen Band von – verwebten – kurzen Novellen inhaltlich zu exzerpieren, ohne die Länge einer Rezension übermäßig auszudehnen. Sie werden sich also auf mein Urteil verlassen müssen (oder eben auch nicht), und das Buch kaufen (oder es eben nicht zu erwerben; aber dann sind Sie selbst Schuld und ich trage keine Verantwortung für Ihr Fehlverhalten). Sie werden den Abend, den Sie, vielleicht bis in die Morgenstunden, mit dem Buch verbringen, nicht bereuen.
Gehen Sie bitte in ihre örtliche Buchhandlung.
„Es gibt keinen Anfang, sie war immer schon da in meinem Leben, von Beginn an, obwohl das bei Licht betrachtet gar nicht sein kann. War aber so. Sie trug ihr weißes Kleid, mit dem sie über dem Luftschacht stand, als ich sie zum ersten Mal sah, klar, Millionen haben sie so gesehen, sie hat’s nicht extra für mich angezogen. Und ausgezogen hat sie’s damals für mich auch nicht. Noch nicht. Noch lange nicht. …“