Die Zukunft der Menschheit hängt davon ab, ob es gelingt, die Klimakatastrophe und die aus ihr ersprießenden Probleme zu lösen. Und die Lösung kann nicht über Vereinbarungen der 206 Staaten, Territorien und Sondergebiete erreicht werden, die zur Zeit in der UNO (196) versammelt sind oder sich als Staat begreifen. Zu vielfältig sind nicht nur die Interessenlagen, zu vielfältig sind auch die bestehenden innen- und außenpolitischen Verflechtungen, Probleme, Vorbehalte usw. Die Nöte der Menschen in afrikanischen Ländern entspringen auch, vornehmlich, aus den Profitinteressen europäischer, asiatischer oder us-amerikanischer Konzerne, aus den Notwendigkeiten der inneren Versorgungsversprechen der Industrienationen, aus dem berechtigten Interesse der dort lebenden Menschen. Wie soll, beschränkt auf die Entscheidungen der Industriestaaten, da ja jeder Staat für sich selbst entscheidet, wie er im Konzert der Gemeinschaft dieser Staaten mitspielt, eine Lösung gefunden werden? Es wird nicht gehen, weil die antagonistischen Gegensätze zwischen den Staaten der sogenannten ersten, zweiten und dritten Welt nicht zu überwindbaren morphen werden.

Nationalstaaten sind ein Relikt aus einer Zeit, in der der globalisierte Handel durch die verfügbare Technologie in Menge, Geschwindigkeit und Verdrängung inländischen Fertigungen (Güterproduktion, Landwirtschaft, Energiewirtschaft) begrenzt war. Begrenzt waren auch die Geldströme, nämlich durch die Übermittlung von Zahlungsversprechen auf dem Telegrafen- oder Postweg, auf die physikalische Beibringung von Zahlungsmitteln usw. Das alles ist heute nicht mehr der Fall. Es gibt keinen Unterschied in der Verfügungsgeschwindigkeit zwischen dem Handel deutscher Unternehmen mit Ghana oder Belgien. Alles ist nah, schnell, und in der Folge letztlich eines.

Die internationalen Konzerne agieren de facto nicht mehr mit dem Konzept der fernen Niederlassung, sondern als ein Haus mit verschiedenen Gebäudeteilen in aller Welt. Freilich brauchen sie die Nationalstaaten. Als Garanten ihrer Interessendurchsetzung. Die Staaten, mit Armee und Diplomatie, Wechselkursen, Grenzen, Zöllen und so weiter sind nötig, um einzubringen, was die Konzerne nicht in ausreichendem Maße ins Schlachtfeld führen können: Truppen und Sanktionen. Übrigens wird auch dieser Zustand auf Dauer nicht so bleiben. Was heute noch die Profite befördert, wird sie späterhin und absehbar behindern. Dann werden gegen die Gewaltpotentiale der Nationalstaaten die Gewaltpotentiale der Konzerne stehen.

Die Gesetzgebungen sind in allen Nationalstaaten stark unterschiedlich, die Teilhabe am globalen Reichtum auch, die Umweltbedingungen durch die natürlichen Faktoren und die menschengemachten unterscheiden sich von Staat zu Staat. Die politischen Ziele sind uneinheitlich und laufen oft gegeneinander.

Zugleich steigt durch die nicht erreichten Klimaziele die Erderwärmung immer weiter an und gefährdet in vielfacher Weise den Fortbestand unserer Art. Die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll hat katastrophale Formen angenommen und gefährdet viele Arten von Meeresbewohnern. Die Verseuchung der Natur durch Umweltgifte, Insektenvernichtungsmittel, veterinärpharmazeutische Stoffe, Düngemittel usw. hat zu einem Artensterben geführt, das sich direkt auf die Nahrungsmittelproduktion auswirkt. Und die Nachzugseffekte (so wirkt das Insektensterben offenbar direkt auf die Zahl der Vogelpopulation) sind noch unzureichend erforscht.

Die globale Wirkung aller Probleme wird auf Dauer globales Handeln nötig machen. Es wird, meiner Meinung nach, nicht möglich sein, mit den Eigeninteressen der Nationalstaaten zu einer Agenda zu gelangen, die den Planeten dauerhaft schützen kann. Die Nationalstaaten sind ja nicht einmal in der Lage, global die Menschenrechte zu wahren; wie sollen sie dann die Interessen anderer Arten oder die Interessen der gesamten Menschheit schützen können. Es ist ein romantischer, illusorischer, ja halluzinatorischer Glaube, die UNO oder gar Gipfeltreffen könnten retten, was noch zu retten ist.

Ohne die Nationalstaaten ins Reich des Obsoleten zu verabschieden und zu einem globalen Gleichklang bei Umweltschutz, Sozialstaatshandeln, in der Gesundheitspolitik und der Landwirtschaft zu kommen, gibt es keine Rettung. Wir brauchen eine weltweite Diskussion darüber, die Nationalstaaten zu überwinden und die wesentlichen gesetzlichen Vorgaben auf weltweiter Ebene zu treffen. Inklusive der zur Durchsetzung nötigen Gewaltmechanismen (Polizei, Gerichte, Ermittlungsbehörden), denn ohne sie bliebe die Weltgemeinschaft gegenüber den Einzelinteressen zahnlos.

Sicher, noch gehört die Vorstellung einer einigen und vereinigten Welt ins Reich der Utopie. Aber Utopien können, wie die Menschheitsgeschichte zeigt, wahr werden. Und bei dieser Utopie ist nicht nur das Wollen allein maßgebend. Sie wird sich durch die technologische Entwicklung befördert finden.

Hunger, Not, mangelnde Bildungschancen, mangelnde medizinische Versorgung sind für die Staaten in Afrika und anderen benachteiligten Regionen nur dann allein, jedoch sehr langsam, zu erreichen, wenn die Ausbeutung der Bodenschätze ungehemmt voran gehen kann. Denn ohne diese Ausbeutung ist ja ein Anteil am globalen Reichtum nicht zu erlangen. Ergebnis weltweiten Handelns kann diese Option auf Dauer nicht sein. Vielmehr ist es nötig in den Bereichen, die die Umwelt direkt und schwerwiegend betreffen, aber auch bei Bildung, Medizin, Infrastruktur, zu planwirtschaftlichen Vorgaben zu kommen. Ohne Plan wird die Verelendung weiter zunehmen und der Raubbau auch. Diese Pläne sind aber nur weltumfassend möglich.

Die Friday-For-Future-Demonstrationen haben gezeigt, dass es ein Interesse an schnellem Handeln gibt. Es wäre schön, den Gedanken einer auch administrativ einigen Welt in diese Bewegung zu implementieren und damit verbreiten.