« Zurück zur Literatur » lautet der Titel des von Gerd Ueding (Literaturkritiker) und Jürgen Wertheimer (Professor für Neue Deutsche Literatur) herausgegebenen Sammelbandes. Zurück zur Literatur deutet auf das Anliegen der Autor*innen hin. Zurück ist hier im Sinne einer Verteidigung des traditionellen Literaturkanons und Besinnung auf Literatur zu verstehen – in einer Welt, in der die Literatur an Bedeutung verloren zu haben scheint. « In den öffentlichen Debatten hat sich der Beitrag der Literatur beinahe verflüchtigt, n den Medien ist sie eine Randerscheinung geworden, und zunehmend verzichten sogar die Bildungsinstitutionen auf sie » (S. 9) schreiben die beiden Herausgeber resümierend im Vorwort. Nicht ganz so pessimistisch sind die anderen Beiträge.
Stellungnahmen zum Thema geben sehr unterschiedliche Repräsentant*innen der Literaturbranche – Germanist*innen, Buchhändler, Autor*innen, Literaturredakteure und Leiterinnen von Schreibwerkstätten ab. Darunter viele namenhafte Vertreter*innen des Literaturbetriebes wie z.B. Otto A. Böhmer, Zehra Cirak und Franz Josef Görtz. Es ist aber nicht nur der Blick der deutschsprachigen auf die Problematik, sondern wird u.a. auch ergänzt durch Beiträge von dem afrikanischen Schriftsteller Ret’sepile Makame und die Leiterin des Kinderliteraturzentrums der Nationalbibliothek Lettland, Silvija Tretjakova.
Trotz der unterschiedlichen Zugänge zur Thematik, bestimmt wird der Kanon durch die Klage über den Verlustes von Bedeutung und die Trauer darum den Sammelband. Es wirkt z.T. wie ein Abgesang und ein Nachtrauern nach einem Zustand, der – beschleunigt durch das Aufkommen neuer Medien – sein Antlitz verändert hat. Neuen Formen der Literatur, die auch daraus entstanden sind – wie z.B. die Kultur des Bloggens – wird leider keine Chance eingeräumt. Der Blick ist weitgehend zurückgewandt und durch eine bildungsbürgerliche Sicht verstellt. Dennoch lohnt sich die Lektüre dieses Buches. Es ist sprachlich ein Genuss und inhaltlich auch eine geistig-befruchtende Lektüre, bei der man bei Berichten über den Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki auch mal ins Schmunzeln kommt.
Maurice Schuhmann