Manfred Maurenbrecher: Flüchtig.

Manfred Maurenbrechers neue CD ist, wiederum, ein schönes, kommodes, aber nichts beschönigendes Meisterwerk. Maurenbrecher ist für mich einer derer, die der literarische Tradition der Singer-Songwriter hierzulande zugleich ein festes Fundament geben, als auch die Tradition immer weiter entwickeln.

Maurenbrecher dichtet über die Verhältnisse. Ein wunderbar passendes Wort. Denn die Verhältnisse sind ja die vielen Wechselbeziehungen des Einzelnen mit der Gesellschaft. Da ist immer auch das literarische Ich in der Dichtung Maurenbrechers, aber es ist niemals vom Geschehen weggewandt, verinnerlicht sich nicht, verkriecht sich nicht in der Betrachtung von Innenwelten, wenn die wirkliche [Kant] Welt doch auch die innere in der Dialektik der Erfahrungen und des Jetzt schafft.

Und dazu diese wundervollen Kompositionen. Da gibt es keine durchgängigen Klangteppiche, die absaufende Tonschöpfungen retten müssen. Und das ist ja eine der ebenso nervigen, wie häufigen Gehörtorturen, die Mode geworden sind, weil die Technologie diesen Ausweg halt bietet. Maurenbrecher braucht das nicht. Bei ihm stimmt alles. Und alles passt. Die Worte auf die Metrik und die Ausdrücke auf das, was ausgedrückt werden soll. Auch enthält er sich der nervigen Zeiterscheinung ordentliche Reime durch Assonanzen und andere billige Tricks zu ersetzen.

Und obwohl also all das stimmt, ist da nichts Verstaubtes. Alles klingt in die Zeit passend und alle Texte, ich sagte es schon, passen ebenso in die Zeit.  Maurenbrecher ist auf der Höhe dessen, was man erwarten darf, wenn man politische Lieder in allerbester Qualität nicht nur hören, sondern auch genießen will.
Das kommt sicher auch daher, dass Maurenbrecher vielschichtig komponiert, dass die Melodien der Stücke unter Rhythmik und Takt auch einen Groove haben, der jazzig ist. Nichts ist da akademische Klangbildung, die es ja auch (noch) beim Liedermaching gibt.

Man ist sofort in den Stücken. Bei «Angekommen» sieht man die Figur, die da besungen wird, die herbeigeirrte, herbeimarschierte, herbeigeflohene in der Situation des Liedes vor sich. Man kommt den Szenen nicht nur nahe, Maurenbrecher nimmt einen mit in die Lieder. Er singt nicht vor, er teilt nicht mit, er macht die Zuhörerin zum Teil des Liedes. Und zwar in einer literarischen Weise, also nicht durch die schönen – denn das sind sie ja – Melodien, sondern durch die Art der Erzählung.

Man erkennt das eigene Dilemma mit Revolution und Veränderung in «Zu früh». Und auch da: Kein erhobener Zeigefinger. Man sitzt mit Maurenbrecher und einem geflüchteten syrischen Lehrer am Kamin, trinkt Wein und spricht über Thomas und Erika Mann, von Mann zu Mann also; und spricht auch über Veränderungen und Ankommen, Ausruhen, Bewahren.

Manfred Maurenbrecher hat mit dieser CD ganz wundervoll dem deutschen politischen Lied neue Lieder hinzugesellt und es ist zu hoffen, dass diese, wichtige, Veröffentlichung viele Käuferinnen und Käufer findet. Nicht versäumen sollte man übrigens Maurenbrechers Konzerte. Zur Intensität von Dichtung und Komposition kommt dann ja noch die Live-Atmosphäre.

Die CD ist gut ausgestattet, das Leaflet gibt viel her und klärt auch Bezüge und Ideen. Das Album enthält dreizehn Stücke und eines (PG Staatsanwalt) zum Download.

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