Deutscher PEN fordert Änderungen am Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG)

Der deutsche PEN stimmt mit der Zielabsicht des vorliegenden Gesetzentwurfes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) überein. Den im Internet verbreiteten Hass und Gewaltaufrufen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Solche Aufrufe stellen auch jenseits ihrer strafrechtlichen Relevanz eine Gefahr für die Meinungsfreiheit dar, da sie das Ziel verfolgen, die Angegriffenen einzuschüchtern und mundtot zu machen.

Der deutsche PEN sieht allerdings dringenden Handlungsbedarf im grundrechtssensiblen Bereich der Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten und der Meinungsfreiheit. Damit reagiert das PEN-Zentrum auf den am 16. Mai im Bundestag eingebrachten und am 19. in erster Lesung beratenen Gesetzentwurf. So bildet gemäß der Gesetzesvorlage zwar deutsches Strafrecht die Entscheidungsgrundlage zur Löschung von Beiträgen, gleichzeitig wird jedoch die Entscheidungsverantwortung auf die Betreiber der sozialen Netzwerke übertragen. Die Compliance-Regeln von privatwirtschaftlich geführten Unternehmen haben schon in der Vergangenheit Irritationen ausgelöst und zu berechtigter Kritik geführt.

Der deutsche PEN teilt die Sorge vor einer unkontrollierbaren Zensurtätigkeit im Bereich der digitalen Massenkommunikation und fordert die Einrichtung einer unabhängigen Expertenkommission – etwa in Analogie zur in der Filmwirtschaft tätigen FSK –, der die Entscheidungskompetenz über die Löschung oder Sperrung von Internetbeiträgen übertragen wird. Der deutsche PEN hat diesbezüglich bereits die Ernennung eines Bundesbeauftragten für die Meinungsfreiheit – analog zu den Datenschutzbeauftragten – angemahnt.

Der Gesetzentwurf sieht alleinig eine Regelung zur unverzüglichen Sperrung und Löschung von strafrechtlich relevanten Inhalten vor. Ein dabei möglicher Eingriff in die Meinungsfreiheit bleibt ausgeblendet. So sind keinerlei Regelungen vorgesehen, wie gegen eine nicht berechtigte Sperrung/Löschung vorzugehen sei und eine solche Sperrung und Löschung rückgängig gemacht werden könne.

Der deutsche PEN teilt die Sorge vor einer prophylaktischen „overblocking“-Praxis und fordert eine Regelung für die Entsperrung von strafrechtlich nicht relevanten Inhalten. Gerade in Medien wie Twitter oder Facebook, in denen die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung von zentraler Bedeutung ist, muss eine unverzügliche Vorgehensweise sichergestellt werden.

 Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht die Auskunft zur Identität der Urheber von Internetbeiträgen. Der PEN teilt die Grundüberzeugung, dass die Verbreiter von Hass und Gewaltaufrufen persönlich strafrechtlich belangt werden sollen. Eine unmittelbare Offenlegung auf Verlangen Dritter öffnet wiederum den Raum für willkürliche Selbstjustiz und bietet keine Gewähr für berechtigten Informantenschutz.

 Der deutsche PEN fordert eine Auskunftspflicht alleinig auf der Grundlage einer richterlichen Entscheidung.

Aus einer Pressemitteilung des deutschen PEN-Zentrums