Gesellschaftswissenschaften in der Zeit der Spätmoderne

Der zweite Band aus der Reihe „IfS Aus der Reihe“, einer vom Frankfurter Institut für Sozialforschung herausgegebenen Reihe, widmet sich dem Thema: „existentizielle Probleme und den sich daraus ergebenden Herausforderungen an Gesellschaftswissenschaften in der Zeit der Spätmoderne bzw. des Spätkapitalismus“, d.h. es geht explizit um die ökologische Krise als Herausforderung. Es handelt sich um sechs Beiträge zu unterschiedlichen Facetten dessen. Den Auftakt übernimmt Thomas Scheffer, einer der Herausgeber des Bandes, mit einem Beitrag über das Verhältnis von Klimafrage und Soziologie. Dabei geht es u.a. um die Frage der Abwesenheit einer soziologischen Klimaforschung. Hierfür werden u.a. unterschiedliche soziologische Ansätze in Bezug auf ihre Potentiale zur Beantwortung der Frage beleuchtet. Stephan Lessenich, der zweite Herausgeber, behandelt hingegen in seinem Beitrag die „gesellschaftliche Indifferenzproduktion“. Er knüpft damit ein Stück weit an Fragen des ersten Beitrages an – nämlich in Bezug auf die Fähigkeit der Gesellschaft, sich diese existenziellen Herausforderungen wie z.B. den menschengemachten Klimawandel auf Distanz zu halten. Hierbei geht es dann u.a. um Strukturprobleme im Spätkapitalismus. Ein dritter Beitrag stammt von Henning Laux und beschäftigt sich mit der ökologischen Rechtfertigungsordnung im Kapitalismus. Dabei greift er auf die Ergebnisse und Diskussionen der ersten beiden Beiträge zurück. Ein vierter Beitrag – von Christine Hentschel -, in dem erneut auf Thomas Scheffer akquiriert wird, thematisiert „Soziologische Perspektiven gegen die Indifferenz“. Ein Kapitel von Susanne Krasmann thematisiert dann „Gesellschaftsanalyse und ihre Verwerfungen“. Der abschliessende Beitrag stammt von den beiden Herausgebern, in dem sich der „Macht des Vordringlichen“ widmen.

Der Band ist von hohem intellektuellen Niveau. Die Beiträger*innen sind allesamt Professor*innen, was den Stil zeitweilig auch stark prägt. Das hier behandelte Thema, d.h. soziologische Herangehensweisen an die Ausblendung und Rechtfertigung der ökologischen Herausforderungen im Spätkapitalismus. Damit ist es allerdings auch ein Band, der im Elfenbeinturm verbleibt – und nicht unbedingt dazu beiträgt, dass die Theorie zur Praxis drängt. Als Bestandsaufnahme ist der Band dennoch sehr lesenswert.

Maurice Schuhmann

Stephan Lessenich / Thomas Scheffer (Hg.): Gesellschaften unter Handlungszwang. Existenzielle Probleme, Normalität und Kritik. IfS Aus der Reihe, Bertz+Fischer Berlin 2024, 126 S., ISBN: 9783865058522, Preis: 15 €.m