Gestern Abend waren Simone, Ulrike und ich auf einer Lesung von Irene Runge im Zentrum der Chabab-Niederlassung in Berlin. Es handelt sich um eine, im allgemeinen Sprachgebrauch, ultra-orthodoxe Gemeinschaft innerhalb des jüdischen Glaubens. Allerdings wirkten sie auf mich so, wie auch Mönche oft wirken: Orthodox nach innen sozusagen, nach außen aber wesentlich liberaler, als jene, die eine scheinbare Liberalität oft verfechten, dabei aber ein ganz deliberales Sendungsbewusstsein entwickeln.
Dort hat es auch ein Restaurant, das koscheres Essen anbietet. Nicht deswegen, sondern, weil uns die Qualität der Speisen interessieren, werden wir dort gelegentlich essen gehen. Gestern war das nicht möglich. Im Restaurant fand auch die Lesung statt und wir wollten dabei nicht stören.
Irene Runge las aus „Wie ich im jüdischen Manhattan zu meinem Berlin fand“. Fast eine Stunde las sie, und legte dann auf Wunsch des Publikums noch zwei Abschnitte nach. Irenes Art zu lesen ist ganz eigen. Nach einem Moment der Irritation fällt man in die kurzen Sätze, findet sich wirklich in Manhattan wider.
Zur Lesung selbst gab es nur einen kurzen Diskurs, eher eine kurze Zeit in der Fragen nach diesem und jenem gestellt wurden. Dann schloss sich eine Diskussion darüber an, ob es nicht auch nicht religiöse Kulturzentren, insbesondere für junge Leute, geben müsse. Wir beteiligten uns nicht an der Debatte, die sich entspann, weil wir ja lediglich in einer doppelten Gastrolle dort anwesend waren.
Hinterher saßen wir dann noch bei einem sehr guten Griechen und aßen gemeinsam mit Irene und Micha Brumlik, sprachen über Bücher und Literatur, über die Wahlen natürlich auch – und intensiv.