Die unter dem Titel „Mensch und Erde“ publizierte Rede, die Ludwig Klages im Herbst 1913 im Kontext des „Ersten Freideutschen Jugendtages“ hielt, gilt als das „erste ökologisches Manifest in deutscher Sprache“ (Robert Weber). Klages bewies damals in seine öko-apokalyptische Weltsicht schon eine enorme Weitsicht und ist partiell auch heute noch aktuell. Er warnt vor der Ausrottung von Tiergattungen, übt Kritik an den Folgen des Tourismus und stellt den wissenschaftlichen Fortschritt als solches in Frage. Selbst eine Kritik an der Pelzindustrie findet sich schon darin. Die Kritik an der Fortschrittgläubigkeit paart sich darüber hinaus mit einer der des Christentums, welches er dem Buddhismus und dessen Ethik gegenüberstellt. Dabei übt er auch an den vorherrschenden Darwinismusanleihen seiner Zeitgenossen rege Kritik. Als Referenzen zur Untermalung seiner Ansichten greift er u.a. auf Nietzsche und Kant als Referenzen zurück. Sein Manifest läuft aber auch auf die Erkenntnis hinaus, dass die Menschheit einen Point of No-Return erreicht hat. Er verwehrt sich damit gegen den romantischen, auf Rousseau zurückreichenden Slogan „Zurück zur Natur!“.
So interessant und wichtig diese Gedanken erscheinen, so umstritten ist auch ihr Verfasser. Der Lebensphilosoph Klages ist ein eingefleischter Antisemit gewesen und weist, trotz einiger inhaltlichen Differenzen eine sehr starke Affinität zum deutschen Nationalsozialismus auf. Diese wird im Nachwort von Robert Weber umfassend thematisiert und auch kritisch eingeordnet.
Der Text ist als Dokument der deutschen Ökologiebewegung von grosser Bedeutung, sowohl bezüglich des Datums seiner Erstellung als auch von den darin angesprochenen Themen ist dieser Text von Interesse. Robert Webers Nachwort rahmt dieses Dokument kompetent ein.
Maurice Schuhmann
Ludwig Klages: Mensch und Erde, Matthes und Seitz Verlag Berlin 2013, 64 S., Preis: 10 Euro, ISBN: 978-3882210477.