Mein Genosse, Kollege und Freund ist verstorben. Aber tot? Nein, tot ist Erasmus Schöfer nicht. Er, mit dem ich auf dem UZ-Pressefest las, den ich immer wieder auf den PEN-Jahrestagungen traf.
Er war im Kreis der wenigen, die jene andere Literatur schrieben, die in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur Gründung des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller führte und in den Sechziger Jahren zur Bildung des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt aus der Gruppe 61 heraus.
Manches trennte uns, aber um das, was uns trennte — viel war es nicht –, war stets das Geschenkband der Dialektik geschlungen. Wir wussten, dass wir beide uns irren konnten in unseren Ansichten — in einer Weise, die nicht auf des einen oder des anderen Sicht, sondern auf eine ganz und gar neue hinausläuft.

Diese Offenheit, diese stetige Rückverwandlung von Beton in Sand, Kies, Mergel und Wasser, diese Offenheit dem Neuen gegenüber, dieser Wunsch gegebene Ansichten zu zerlegen und zu prüfen, waren ihm ganz eigen. Das fröhliche, ja frohe, Gesicht, die wachen Augen und das Lächeln. So behalte ich ihn in Erinnerung.

Und natürlich seine Wortsicherheit, seine Gestaltungskraft, mit der er Sätze goss. David Salomon schrieb über Erasmus Schöfer: „Die große Stärke der Romane Schöfers ist, dass alle in ihnen erzählten politischen und privaten Ereignisse aus dem Lebensalltag der Figuren erwachsen. Die Gespräche, die die Figuren miteinander führen, sind alltägliche Dialoge, in denen sich private mit politischen Hoffnungen mischen, Enttäuschungen artikulieren oder die Sprache versagt.“

Erasmus Schöfer bleibt, nicht nur mir, ein großer Erzähler, ein guter Freund und ein Genosse auf den man sich verlassen konnte.


„Erasmus Schöfer?“ // „Presente“.

 

Werke


Sachbücher und Essays

Die Sprache Heideggers. Pfullingen 1962.
mit Paula Keller: Ist die DKP noch zu retten? Gespräche mit kritischen Kommunisten. Hamburg 1989.
Der gläserne Dichter. Berlin 2010, ISBN 978-3-937717-38-8.

Lyrik

Erasmus Schöfer. (= Zeitgedichte). Kürbiskern Damnitz-Verlag, München 1982, ISBN 3-88112-139-0.
Sisyfos Lust. Lauter ewige Lieben. Weilerswist 2021, ISBN 9783947373659

Hörspiele, Erzählungen, Romane

Die Wahrheit ist die Veränderung. Berlin 1968.
Vielleicht bin ich schon morgen eine Leiche. Frankfurt am Main 1970.
Bittere Pillen. Verfolgung. Die Hütte gehört uns. Fischerhude 1978.
Die Bürger von Weiler. Frankfurt am Main 1978.
Erzählungen von Kämpfen, Zärtlichkeit und Hoffnung. Frankfurt am Main 1979.
Der Sturm. Köln 1981.
Tod in Athen. Roman. Dortmund 1986.
Flieg Vogel stirb. Köln 1987.
Ein Frühling irrer Hoffnung. Roman, Köln 2001, ISBN 3-920862-67-8.
Zwielicht. Roman. Berlin 2004, ISBN 3-920862-58-9.
Sonnenflucht. Roman. Köln 2005, ISBN 3-937717-16-1. (Neubearbeitung von Tod in Athen)
Winterdämmerung. Roman. Berlin 2008, ISBN 978-3-937717-27-2.
Kalendergeschichten des rheinischen Widerstandsforschers. (mit einem Nachwort von Jörg Sundermeier[17]), Berlin 2016, ISBN 978-3-95732-189-3.

Werkausgaben

Diesseits von Gut und Böse. Beiträge fürs Feuilleton. hrsg. und kommentiert von Werner Jung, Karolin Schmitz und Volker Zaib. Klartext, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0384-5.
Na hörn Sie mal! Sechs ausgewählte Fundstücke. hrsg. v. Christiane Altenburg. Essen 2012, ISBN 978-3-8375-0523-8.
Schriftsteller im Kollektiv. Texte und Briefe zum Werkkreis Literatur der Arbeitswelt. hrsg. von Volker Zaib und Werner Jung. Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1131-4.
Die Kinder des Sisyfos. In 5 Bänden inkl. Begleitband. Dittrich, Weilerswist 2018, ISBN 978-3-947373-23-9. (Der von Schöfer und Jens Jürgen Korff verfasste Begleitband liefert ein erläuterndes Personen- und Sachlexikon zu den Themen und Schauplätzen der vier Romane)