Heute haben wir, Genossinnen, Genossen, Freundinnen und Freunde und die Familie natürlich, Peter Wolter beerdigt. Zwischen den Betonwänden des Krematoriums, das mit einer ungewissen, stillen Gigantomanie den Trauernden die Kleinheit des Menschen lehren will und damit auch die Größe der Toten herabzusetzen sucht, als würde der Schnitter zu letzter Möglichkeit noch versuchen, mit seiner Sense die, immer noch über das Niveau des Rasens hinausragenden, Halme zu egalisieren. Aber es gibt natürlich gar keinen Schnitter und gelingen könnte es einem existierender Schnitter auch nicht. Peter Wolter macht niemand kleiner als er ist. Nicht einmal Peter selbst hat vermocht sein Licht unter dem Scheffel zu halten. Wohin er auch kam, er hat geleuchtet, ausgeleuchtet, beleuchtet und manchen manchmal erleuchtet.

Peter, der Marinesoldat, der Seemann, der hochrangige Journalist bei Reuters, der inhaftierte Aufklärer „Pirol“ der HVA, der in seiner materiellen Existenz fast durch den Staat vernichtete friedensbewegte Spion (wie man hierzulande sagt), Peter der gute journalistische Geist der „jungen Welt“ und der aufrechte Kommunist. Der war mein Freund. Und er war immer alles: Diszipliniert und gelassen, kiffend, wenn dazu die Zeit war, scharf in der Arbeit als Journalist, verlässlich, solidarisch und großartig menschlich.
Ich gräme mich, dass ich in den letzten Jahren, als er schon auf den Tod krank lag, und ich es noch gar nicht erfahren hatte, mir nicht die Zeit nahm, ihn in seiner Wohnung am Alexanderplatz zu besuchen. Auch von seinem Aufenthalt im Hospiz erfuhr ich erst spät. Wir haben uns nach meinem Weggang aus Berlin nicht mehr gesehen. Das ist nun schrecklich für mich. Der Tod, der Verlust ist ja immer nur schrecklich für die noch lebenden. Ich habe mir also selbst eine mögliche Erinnerung genommen. Das ist selbstmitleidig. Aber erlaubt.

Peter ist der Mann aus dem Ahab, den die Hauptfigur Marie im BAIZ kennenlernt und dem sie ganz nah ist. Wir bemühen uns, ein gutes Dutzend Freundinnen und Freunde, den Ahab professionell zu verfilmen. Ich werde darauf achten, dass man Peter erkennt, optisch. Den Menschen Peter erkennt man in der Figur und den Dialogen eh.

Peter wird fehlen. Niemand ist ersetzbar. Lasst Euch das nicht einreden. Die Behauptung, jeder sei zu ersetzen ist eine Lüge. Die Wahrheit ist: Niemand ist ersetzbar. Peter – Pirol – Wolter schon gar nicht. Ich bin sehr traurig, ihn nun nicht mehr unter den Lebenden zu wissen.

Foto: Privat, aus junge Welt