Es gibt, seit geraumer Zeit schon, eine Diskussion darüber, ob sich das „Links-Rechts-Gefüge“ verändere. Und ohne dass ich einer Aufhebung das Wort reden will, kann ich nicht umhin zuzustimmen: Ja, da verändert sich etwas. Ganz eigentlich wird da etwas vom Kopf auf die Füße gestellt. Und diese Veränderung ist eine Verstärkung der Trennung zwischen „Links“ und „Rechts“, eine Scheidung, die die Wervechslung von Lechts und Rings ganz unmöglich machen dürfte.

Seit dem großen theoretisch-praktischen Werk und Wirken von Marx, Engels, Lassalle, Bebel und vielen anderen, die den Beginn der revolutionären Sozialdemokratie in Europa eingeläutet haben und insbesondere im Deutschen Reich formend wirkten war klar, dass eine linke, besonders eine auf Analyse, Empirie und Dialektik gegründete sozialistische Linke eine internationale und internationalistische Linke sein müsse. Marx, aber z.B. auch Clara Zetkin, haben immer wieder und mit Effet den globalen, den internationalen, antirassistischen Charakter ihrer linken, sozialistischen, kommunistischen Weltsicht betont. Sie haben sich wiederholt gegen nationale Tendenzen der Abschottung oder auch nur der Solidaritäts(einschränkung) gewandt. Gleiches gilt auch für Lenin.

Die Abkehr davon, dass, um Schiller zu gendern, alle Menschen Geschwister wären, die sich nicht nach regionaler Herkunft, sondern nach Klassenzugehörigkeit und in dieser wiederum nach ihrer individuellen Klassenpolitik, unterschieden, ist den konterrevolutionären Prozessen unter Stalin geschuldet. Die stalinsche Verschluderung der sozialistischen und kommunistischen Ideenwelt hat weit über diese hinaus eine Verelendung der Philosophie und der Politik mit sich gebracht. Sie war und ist es, die auf eine auf nationale Interessen ausgerichteten, gleichsam chauvinistischen Arbeiterbewegung orientiert. Der richtige Liebknecht’sche Satz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ hat auch den Anspruch, dass der Feind nicht in einem anderen Land zu sehen sei. Er ist zugleich die Aufforderung dafür dort zu wirken, wo man wirken kann und nicht zum Mittel des Krieges zu greifen. Aber dieser Satz wird ganz und gar verkehrt, wenn man ihm die Bedeutung des nationalen, auf die Nation gerichteten Kampfes zuordnet.

Wir haben, davon bin ich überzeugt, bei allen schlimmen, gefährlichen und mörderischen Widrigkeiten, die der Sieg des Kapitalismus in der gegenwärtigen Schlacht mit sich bringt die Chance, die dumme, verrohrte, falsche und verbrecherische, konterrevolutionäre Ära hinter uns zu lassen, die die Idee vom Sozialismus in einem, im eigenen, Land mit sich brachte und die immer auch – und auch immer – in den sozialistischen Staaten eine Kompente von Nationalismus und Chauvinismus mit sich führte.

Links zu sein, auch davon bin ich überzeugt, muss heißen, wieder heißen, global zu denken, sich vom Nationalstaat abzuwenden und antirassistisch zu handeln. Und insofern haben wir in der Tat eine Paradigmenverschiebung. Und das ist auch gut so.

Sie wird dazu führen, dass es am liberalen Rand der Linken zu neuen Bündnissen kommt. Uns werden Personen dorthin zuströmen, die zuvor noch gegen „links“ standen und wir werden Menschen verlieren, die sich aufgrund ihre auf die Nation gerichteten Weltsicht aus der internationalistischen und weltoffenen Linken verabschieben werden. Aber wir gewinnen durch diese Verschiebung unsere eigene Geschichte zurück. Die Geschichte großer Demokraten, wie Karl Marx und bereinigen unsere Geschichte um die großen Diktatoren. Es ist ein Schnitt, der falsch von richtig trennt.