Der Jurist Carl Schmitt (1888-1985) gilt einerseits als der « Kronjurist des Nationalsozialismus » (Waldemar Gurian) andererseits als ein « Klassiker des politischen Denkens » (Herfried Münkler). Schmitt prägte wichtige Begriffe und Konzepte des politischen Denkens, die bis heute integraler Bestandteil der Staatswissenschaften sind (Freund-Feind-Unterscheidung, Dezisionismus). Er wird dem Spektrum der « konservativen Revolution » zugerechnet und beeinflusste auch maßgeblich das Denken der führenden Köpfe der neuen Rechten – allen voran das von Alain de Benoît (GRECE), der eine Bibliographie seiner Schriften herausgab. Um so wichtiger und interessanter erscheint eine Auseinandersetzung mit seinem Denken, einem Denken, was bei weitem nicht frei von Widersprüchen ist – wie auch Reinhard Mehring wiederholt herausarbeitet.
Einer der besten Kenner von Carl Schmitt – sowohl der Person als auch seines Werkes – ist zweifelsfrei Prof. Dr. Reinhard Mehring (PH Heidelberg). Unter seinen Publikationen finden sich u.a. eine Schmitt-Biographie (Carl Schmitt. Aufstieg und Fall, Beck Verlag), eine Einführung in sein Denken (Carl Schmitt zur Einführung, Junius Verlag). Weiterhin war er an der Edition von Schmitt’schen Werken beteiligt. Im Karl Alber Verlag ist nun eine Auswahl von 22 bereits veröffentlichten Texten aus den Jahren 2008 bis 2017 sowie zwei bisher unveröffentlichte erschienen. Die Texte stammen sowohl aus der Fachpresse (u.a. Zeitschrift für Politik, Leviathan, Berliner Debatte Initial), internationalen Sammelbänden und der Tagespresse (FAZ). Für die hiesige Veröffentlichung wurden sie partiell überarbeitet. Sie sind unterteilt in die Kategorien
– Positionen
– Selbstspiegelungen
– Wechselwirkungen
– Aktualisierungsskizzen.
Diese Kategorien zeigen bereits den weiten Horizont, den dieser Sammelband umspannt. Die Beiträge weisen dabei sehr hohe Qualität auf und verlangen vom Lesenden einiges an Vorwissen. Sie sind vorrangig an ein Fachpublikum gerichtet – und eignen sich nur mit Einschränkungen als Einstiegslektüre. Besonders hervorhebenswert scheinen mir die Beiträge Carl Schmitt und Hegel, Utopiker der Intellektuellenherrschaft und Carl Schmitts Hobbes-Bild nach 1945 zu sein. Diese spiegeln auch die Bandbreite der Mehring’schen Auseinandersetzung mit Carl Schmitt wider und markieren Eckmarken des Schmitt’schen Denkens. Daneben gibt es auch ein paar Beiträge à la « Schmitt und x » (z.B. Arnold Gehlen, Rüdiger Altmann), die sein Denken auch in Korrelation mit anderen einordnen.
Trotz der intensiven Beschäftigung mit dem Denken Schmitts und der, dem zu Grunde liegenden, Faszination für sein Denken bewahrt Reinhard Mehring die professionelle Distanz zum Forschungsgegenstand. Das zeigt sich u.a. in dem von ihm verfassten Vorwort. Der Sammelband ist daher für eine inhaltliche und rezeptionsgeschichtliche Auseinandersetzung mit Carl Schmitt eine gute Fundgruppe und fundierte Basis. Gerade für Studierende, die sich mit dem Denken Schmitts auseinandersetzen wollen, scheint es mir sehr gut geeignet zu sein.
Maurice Schuhmann