Es gibt viele Hindernisse auf dem Weg zu einer Regierung links der Mitte. Eines davon sind zaudernde, unwillige und blockierende Konservative bei den Grünen, der LINKEN und in der SPD.

Es sind von einer taktischen Moral eingezäunte Grüne, deren anscheinend im Tolkienschen Auenland gewachsene Gesellschaftsidee inzestuös und elitär an einem falschen bürgerlichen Werteidyll der saturierten gehobenen Mittelschicht hängt. Sie haben sich inzwischen als Besitzstandswahrer der Besitzenden einen Ruf gemacht. Es sind LINKE, die rhetorisch und strategisch pendeln zwischen altbackenem Revolutionsmythos, Proletariats-Pathos und dem Attentismus der frühen Arbeiterbewegung, LINKE, die sich von den Paradigmen eines sich längst häutenden produktivistisch-kapitalistischen Industrialismus nicht zu lösen im Stande sind. Schließlich sind es programmatisch ausgezehrte, pragmatistische, zynisch-kühle Sozialdemokraten, anhaltend intellektuell gefangen im neoliberalen Zwingturm und anscheinend bar jeglicher Vorstellung, dass ihre eigene Politik während der Jahre rot-grünen Siechens maßgeblich die sozialen Verwerfungen unserer Tage begünstigte und den dramatischen Niedergang der eigenen Partei begründete.

Diese drei sehr verschiedenartigen konservativen Fakultäten formen ein unerklärtes Kartell des Präfaktischen, teilen sich bewusstlos die vergnüglichen Rollen von Prinzessin, Oma und Krokodil im öffentlichen Puppentheater. Von ihnen geht keine Gefahr für die Herrschaft der Übersättigten aus, aber auch keine Hoffnung für jene, denen außer dieser kaum etwas geblieben ist. Grüne und Rötliche dürfen ein bisschen mitspielen. Sie simulieren lebensweltliche Verlässlichkeit und sozialen Bestand, wohingegen die Konservativen unter den LINKEN schon seit dem Revisionismus-Streit ideologisch im Hamsterrad rotieren.

Es bleibt kein Jahr bis zur Bundestagswahl. Nicht mehr viel Zeit, um Fundamente zu gießen, aber Zeit, endlich damit zu beginnen. Praktikabel ist allein ein radikaler Reformismus, dessen Konstrukteure freilich von vorneherein um die Begrenztheit seiner Mittel und Möglichkeiten wissen. Allein dieses Wissen bewahrt vor Überfrachtungen und Illusionen. Denn vorerst geht es nicht um die Herstellung einer neuen gesellschaftlichen Totalität. Vorerst geht es allein um die Sicherung und Verteidigung der aufklärerischen Reste, um die Zurückdrängung der autoritären bzw. proto-faschistischen Internationale, um das Offenhalten der verbliebenen Emanzipationspfade, um die Verteidigung bürgerlicher Freiheiten gegen manche rabiate, außer Rand und Band geratene Fraktion unter den Bürgerlichen, um den Fortbestand des Demokratischen und die Rückgabe menschlicher Würde im materiellen und ideellen Sinne. Vier Jahre, um die neue Hegemonie der alten Geister zu brechen, werden nicht ausreichend sein. Vier weitere Jahre ungenutzt verstreichen zu lassen, wäre aber tödliche Sünde. Zeit für Besinnung.