Dieses Wort zum Beispiel, welches einen Diskussionsbeitrag für mich diskreditiert, ihn gleichsam aus jenen katapultiert, denen man noch Aufmerksamkeit schenken muss: Selbsternannt.
Das Wort soll dazu dienen, einen Menschen oder eine Gruppe zu diskreditieren. Es bedeutet: Da behauptet jemand lediglich, etwas zu sein, aber er ist es nicht. Doch das Wort fällt auf den zurück, der es benutzt. Es zeigt, dass seine Reflexion über jene, deren Arbeit er niedrigstellen will, unzureichend, schluderig und nichts als demagogisch sind. In den meisten Fällen wenigstens, in denen, in den es nicht um Stellungen geht, für die man in der Tat ernannt werden muss. Natürlich wäre eine selbsternannter Ministerialrat, ein selbsternannter Polizist oder ein selbsternannter evangelischer Gemeindediakon eine treffende Bezeichnung, wenn da einer umherläuft, der sich selbst zu etwas ernannt hat, zu dem man sich selbst nicht ernennen kann. Aber so wird das Wort nicht gebraucht.
Nein, es trifft jene, die niemand ernennen kann: Kritiker, Künstler, politisch aktive Menschen. Die sind dann selbsternannte Rezensenten, selbsternannte Malerfürsten, selbsternannte Chefideologen. Aber wo wäre, bitte schön, die Instanz, die sie ernennen könnte zu etwas, das nur in ihrem Schaffen begründet liegt? Was gemeint ist, mit dieser zickigen Schmähung ist klar: Da meint jemand nicht, was der der schmäht als Meinung durchgehen ließe. Und der Schmähende macht sich zu der Instanz, die ernennt und zwar durch die Weglassung der Schmähung. Es ist also gemeint, dass jemand der anderer Meinung ist, eine andere Ästhetik hat oder anders arbeitet, niemand sein kann, der auch wirklich dazu in der Lage wäre, das, was er tut, gut zu tun. Und die Beurteilung obliegt dem, der ihm dann das Attribut verpasst, also einem, der in der Logik seiner eigenen Betrachtung eine selbsternannte Entscheidungsinstanz wäre.
Man muss das Wort vermeiden. Es ist ein Bumerang. Und meine Erfahrung sagt mir: Wer es benutzt, der ist auch danach …