Die Reaktionen aus den Mitgliedstaaten, insbesondere solchen, welche
ihre Wahlbevölkerung nicht an die Urnen lassen wollten und aus den
Institutionen der Europäischen Gemeinschaft machen deutlich, dass die
Vorbehalte gerechtfertigt scheinen. Der Ruf, die Iren so oft abstimmen
zu lassen, bis das Ergebnis gefällt, ist mehr als nur ein Zeichen für
mangelndes Demokratieverständnis.

Zwar hat das Europäische Parlament in den letzten Jahren mehr
Entscheidungskompetenzen erhalten, jedoch reichen diese nicht aus, um
von einem – wenigstens im Rahmen einer ohnehin unzulänglichen
Parlamentarischen Demokratie – ausreichenden Rechtsfundament für die
mit wenig Enthusiasmus gewählten Parlamentariern zu sprechen. Der
Europäische Ministerrat und andere Institutionen entziehen sich
weitgehend jeder demokratischen Kontrolle.

Die europäischen militärischen Ziele (die sog. Verteidigungsunion, die
Eingreiftruppe usw.) sind das Abbild einer Strategie zur Schaffung
eines zentralisierten imperialistischen Zentrums, welches seine
Handels- und Rohstoffinteressen auch militärisch durchsetzen will. Es
geht um Verteilung des globalen Reichtums und Europa will, ganz ohne
Frage, die Option haben, seinen Anteil zur Not mit militärischer Macht
erobern zu können.

Die neoliberale Doktrin der inneren Verfasstheit der Europäischen
Gemeinschaft bedeutet weitere Privatisierung, Zurückdrängung von
staatlichen Eingriffsmöglichkeiten (z.B. zur Vermeidung von
Unternehmensausverkäufen durch Hedgefonds) und die Reduzierung sozialer
Errungenschaften. Diese Liste ließe sich fortsetzen.

Die Hegemonie von sogenannter Hochkultur und eine dem Mainstream, also
dem profitabel Verwertbaren verhaftete Herangehensweise in der Kulturpolitik sind die in Kunst und
Kultur ausgreifenden Tentakel dieser Politik.


Es wundert also nicht, wenn sich Widerstand regt. Dass der Widerstand
allerdings auch die zu verwirren scheint, von welchen man, bei allen
möglicherweise vorhandenen Ressentiments annehmen dürfte, sie wären
vor eklatanten Fehleinschätzungen gefeit, darf hingegen verwundern. So
verstieg sich der Vorsitzende der kleinen Deutschen Kommunistischen
Partei, seinen europakritischen Parteigenossen in Berlin mit dem
erhobenen Zeigefinger zu kommen und ihnen – angesichts des irischen
Ergebnisses und der ebenfalls europakritischen Positionen seiner
Genossen in Griechenland (die KKE ist die drittstärkste Partei des
Landes) eine ganz unerwartete Dummheit – mitzuteilen, seines Wissens
nach, würden nur „faschistische Organisationen und Parteien“ den
Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft fordern. Damit aber wirft
der Vorsitzende der Kleinpartei sowohl seine Berliner Genossen, als
auch die griechischen, irischen und portugiesischen in einen Sack mit
hiesigen und auswärtigen Neonazis. Möglicher Weise wäre die richtige
Antwort – nicht nur in der kleinen DKP – sich an die
Mehrheitsentscheidung der Iren auch dann zu erinnern, wenn es darum
geht, seine Vorstände zu besetzen