Ein feministischer Blick auf die Macht des Weiblichen im Tierreich
Die britische Zoologin und Fernsehmoderation Lucy Cooke hat mit ihrem 2022 erstmals erschienen Werk „Bitch“ ein wichtiges, populärwissenschaftliches Werk im Bereich der Biologie verfasst. In einem für die Thematik leicht gehaltenen Stil, wenn auch manchmal ins Langeweile abdriftend, räumt sie basierend auf neueren Forschungen mit einzelnen sich stets haltenden Mythen über das Weibchen in der Biologie auf. Die Biologie ist so wie viele Wissenschaften stark durch eine männliche Brille geprägt (gewesen). Das zeigt sich auch in vielen Forschungsergebnissen und wurde bzw. wird auch immer noch auf menschliche Verhältnisse übertragen. Man denke hier nur an die Festschreibung einer passiven Rolle bei biologischen Frauen, die sowohl von den Kirchenvätern wie Augustinus als auch von Psychoanalytikern wie Sigmund Freud gedeutet wurde….
Vor diesem Hintergrund ist es für den Mainstream sicherlich ein „revolutionärer Blick“, was sie hier präsentiert. In elf Kapiteln geht sie auf Themen wie Matriachat, nicht-binäre Tierarten, Polyamorie, und das Fortexistieren nach der Menopause in der Tierwelt ein, womit sie gängige Mythen und überholte Erkenntnisse widerlegt. Das ganze liest sich dann wie folgt: „Bei jeder der drei Arten [von Drosphila] stellte Gowaty fest, dass manche Weibchen sich genauso aktiv Männchen näherten wie Männchen Weibchen (manchmal sogar aktiver) und das manche Männchen genauso wählerisch waren wie Weibchen (manchmal sogar wählerischer), obwohl sie sich hinsichtlich ihrer Anisorgamie unterschieden. All das deutet darauf hin, dass die Gametengröße nichts mit ihrer sexuellen Strategie zu tun hatte. ‚Die Etiketten ‚wählerisches, passives Weibchen‘ und liederliche, nicht wählerische Männchen‘ passten nicht zu der Variation im Verhalten vor der Paarung innerhalb und zwischen den Arten.‘, so Gowaty“. (S. 119).
Besonders gelungen ist dabei ihr Fazit, wo sie den Blick wieder weitet und statt nur auf Fruchtfliegen und Wale die männlich geprägte Wissenschaft noch mal in den Fokus rückt. Das Kapitel heißt dann auch passend „Natur ohne Vorurteile“. Insgesamt ein wichtiges feministisches Werk, was aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive neue Argumente für feministische Positionierung und Argumentation bietet.
P.S.: Ein kleiner Musiktipp am Rande: Sookee: „Queere Tiere“. In diesem Rapsong findet sich ein pop-affiner Zugang zur Thematik.
Maurice Schuhmann