Porträt der AntiFa

Ausgerechnet beim C.H. Beck Verlag hat der promovierte Zeithistoriker Richard Rohrmoser seine Einführung über die Geschichte „der“ Antifa veröffentlicht. Das läßt nichts Gutes erwarten… und das Ergebnis ist auch nur mittelmäßig. In vier inhaltlichen Kapiteln – beginnend beim Entstehungskontext der „Antifaschistischen Aktion“ über den (weitgehend parteigebundenen) Antifaschismus der Nachkriegsjahre bis zur „Autonomen Antifa“, d.h. ein fast hundertjähriger Zeitraum mit seinen vielen Ausdifferenzierungen auf gut 200 Seiten darstellen zu wollen droht stets stark vereinfachend zu werden bzw. wichtige Aspekte auszublenden. So ist es auch in diesem Falle. Ein paar Sätze zur Spaltung Antiimps und Antideutsche, ein paar Zeilen zur Pop-Antifa (ohne dass dieser grundlegende Begriff fällt). Aspekte wie die Jugendantifa fehlen hingegen und auch bei der Thematisierung des Emblems fehlt es an manchen Hintergrundsfakten. Es ist allerdings auch „nur“ eine Einführung. Wirklich Neues bietet der Band nicht. Es sind die typischen Geschichten und Mythen der Bewegung, die jede_r, der/die mal eine Weile in jenem Kontext unterwegs war, kennt bzw. die in der klassischen Szeneliteratur zigmal ausgebreitet und mit mehr Tiefgang diskutiert wurden. Die Fokussierung die DKP und die Linke (Partei) ergeben sich nicht von selbst und scheinen mir persönlich etwas weit hergeholt. (Soziologisch wäre hier das Verhältnis von Bewegung und Parteien zu problematisieren gewesen.) Es fehlt mir auch ein Stück weit eine rote Linie.

Rohrmoser problematisiert zwar den „Extremismusbegriff“, aber er benutzt diesen trotzdem – in Bezug auf die extreme Rechte. Hier hätte ich mehr Reflexion gewünscht. Insgesamt bin ich etwas ratlos nach der Lektüre – für ein breites Auditorium verliert er sich zu häufig in Einzelheiten, deren Einordnung ein gewisses Vorwissen voraussetzen, für das Szenepublikum bietet der Band nichts Neues. Rohrmoser hätte sich vielleicht das Zielpublikum besser vor Augen halten sollen. Zudem wurde ich nicht das Gefühl los, dass hier auf der Welle der medialen Diskussion der Diskussion – ausgehend von Trumps Versuch, die Antifa als terroristische Vereinigung abzustempeln. Schade, ich hätte mir trotz allem mehr erwartet.

Maurice Schuhmann

Richard Rohrmoser: AntiFa. Porträt einer linksradikalen Bewegung – Von den 1920er Jahren bis heute, C. H. Beck München 2022, 208 S., ISBN: 978-3406-76097-6, Preis: 16 €