Merleau-Ponty und der französische Marxismus
Dem französischen Phänomenologen Maurice Merleau-Ponty (1908-1961), der im deutschen Diskurs häufig im Schatten von den Übergrößen Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir steht, ist die Untersuchung „Der rote Faden“ des Philosophen und Literaturwissenschaftlers Oliver Precht gewidmet. Sie entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „Marx in Frankreich. Die Selbstbestimmung der französischen Theorie (1945–1995)“ am Zentrum für Literaturforschung Berlin. Merleau-Ponty vertrat eine existenzialistische, undogmatische Spielart des Marxismus. Die unterschiedlichen Zugänge zu Marxismus sind auch wesentlich für den zeitweiligen Bruch der Freundschaft zwischen beiden Männern.
Das politisch, sprich marxistische Denken steht von Merleau-Ponty steht dabei im Mittelpunkt. Eingebettet in Prolog, wo Oliver Precht auch die Relevanz seiner Auseinandersetzung des weitgehend Vergessenen belegt, und Epilog wird der rote Faden hierdurch im Rahmen von fünf thematischen Kapiteln kompetent dargestellt. Die Herausarbeitung der Positionen ist dabei Dank pointierter Zitate aus den Originaltexten sehr gut nachvollziehbar.
Neben der Analyse findet sich in diesem Band auch eine erstmalige Übersetzung von einem bislang nicht übersetzen Fragment („L‘Ineinander“) von seinem unvollendet gebliebenen Hauptwerk „Das Sichtbare und das Unsichtbare“. Hervorhebenswert ist zudem die umfangreiche Bibliographie zum Werk des Franzosen, die eine sehr gute Übersicht über die in deutscher Sprache veröffentlichten Texte von ihm bietet.
Die Arbeit ist ein wichtiger Baustein für das Verständnis der französischen Nachkriegslinken. Der Text, der vom Lesenden mehr als nur ein solides Grundwissen der dortigen Diskurse voraussetzt, biete wichtige Erkenntnisse in Bezug auf. Für eine aktuelle linke Politik, wofür der Autor selber etwas beisteuern will, ist diese Studie weniger geeignet.
Maurice Schuhmann