„Wir sind unser sechs“
Die Familie Mann ist ein deutsches Unikum – beginnend bei den beiden Brüdern Thomas und Heinrich bis zu den sechs Kindern von Thomas Mann, die im Schatten ihres Vater stehend dennoch partiell ihren Platz in der deutschsprachigen Geistesgeschichte gefunden haben. „Wohl keine andere Familie der deutschen Geistesgeschichte in der Moderne hat durch ihr Leben und ihre Öffentlichkeitswirksamkeit so sehr die Fantasie des Publikums angeregt wie die Manns – auch außerhalb des eigentlichen literarischen Interesses“ (19) resümiert Armin Strohmeyr. Gleichzeitig ist die Familie natürlich auch mit den vielen autobiographisch-geprägten Texten auch prädestiniert dafür, sich mit ihren internen Beziehungen zu beschäftigen. An dem Übervater Thomas Mann kommt man natürlich nicht vorbei….
Die Geschichte jener sechs Geschwister nachzuzeichnen steht Strohmeyr der Sinn. Die Lebensgeschichte der sechs Manns spiegelt in vielen Bereichen Aspekte der deutschen Geschichte wieder – vor allem von Interesse ist die Exilzeit und die unterschiedliche Umgangsweise der Geschwister mit jener Situation oder der gesellschaftliche Umgang mit Homosexualität. Im Gegensatz zu einzelnen Mitgliedern der Mann‘schen Familie, deren Werk partiell etwas zäh ist, liest sich der Text von Strohmeyr sehr gut und flüssig – trotz einzelner kleinerer Redundanzen. Fast wie ein Roman liest sich die Lebensgeschichte der Geschwister Klaus, Erika, Elisabeth, Golo, Monika und Michael.
Der Schriftsteller und promovierte Armin Strohmeyr ist gerade in Bezug auf Klaus Mann bzw. das Verhältnis von Klaus zu seiner Schwester Erika sicherlich einer der großen Experten. Seit fast dreißig Jahren hat er zu diesem Thema gleich mehrere Monographien veröffentlicht. Inwiefern daher neue Erkenntnisse zu jenen beiden, auf denen ein deutlicher Schwerpunkt liegt, präsentiert werden, kann ich nicht beurteilen. Gefühlt beschäftigt sich die Hälfte des Buches mit Klaus Mann, von dem auch der Titel des Bandes entliehen ist, während die anderen Geschwister – gerade Michael – z.T. etwas stiefmütterlich behandelt werden, was sich natürlich auch aus den unterschiedlichen Stellenwerten der einzelnen Personen ergibt. Der Fokus läßt sich vielleicht auch daraus erklären, dass Klaus Mann in seiner Autobiograph „Turning Point“ bereits den Versuch unternommen hatte, die Individualitäten seiner Geschwister herauszuarbeiten. Daneben gibt es ein paar ausgewählte Fotos der Familie. Insgesamt ist ein sehr lesenswertes Buch bei herausgekommen.
Maurice Schuhmann